Samstag, 23. März 2019

Maulhelden und Sesselschwätzer - mal herhören (1)

Meckerer von rechts und und links und vor allem aus der Mitte! Nörgler an Steintisch- und Stammtischkanten! Hochfrequenzkritiker in allen facebook- und Twitter-Ecken. Und keiner erhebt sich aus dem Sessel und tut selbst etwas. 


Keiner? Falsch! Es gibt diese seltsamen Individuen, die nicht nur das Maul aufreissen, sondern auch in die Hände spucken, Mühen auf sich nehmen, nicht die Welt verändern wollen, aber etwas tun. Hier: der "Supermann" aus Bangkok, vor der Thai-Wahl 2019.

David Pfizenmaier, Thai-Deutscher in Bangkok (Foto von Lillian SUWANRUMPHA / AFP)


In einem Superman-Anzug mit rotem Umhang joggt ein verschwitzter David Pfizenmaier durch den Stillstandsverkehr von Bangkok und hält an, um ein Schild zu entfalten. "If you love Thailand: VOTE!" Der 40-jährige Thailänder sagt, dass er nicht für eine bestimmte Partei kämpft, sondern sich stattdessen auf eine Mission begibt, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, insbesondere bei jüngeren Wählern, "weil die Militärregierung auf lange Sicht nicht die Lösung für die Zukunft ist".  

Thais gehen an diesem Wochenende zum ersten Mal seit einem Putsch im Jahr 2014 zur Wahl. Der 40-jährige Thailänder sagte am Donnerstag, dass er nicht für eine bestimmte Partei kämpft, sondern sich stattdessen auf eine Mission befindet, um die Wahlbeteiligung vor allem bei jüngeren Wählern zu erhöhen, "weil die Militärregierung nicht die Lösung für unsere Zukunft ist". Die Wahl am 24. März ist von der Militärregierung (angebliche Interimsregierung) immer wieder verschoben worden, und sie wird bestimmen, ob die Militärs ihren Machtgriff erweitern können. 

Das Publikum für Pfizenmaiers Botschaft ist groß. Es gibt 51 Millionen Wahlberechtigte, darunter mehr als sieben Millionen ErstwählerInnen im Alter von 18-25 Jahren. Und die Begeisterung für die Teilnahme am demokratischen Prozess ist bereits deutlich.
87 Prozent der Thais, die sich für eine Vorabwahl am vergangenen Sonntag angemeldet hatten, kamen nach Angaben des Asian Network for Free Elections zur Stimmabgabe. 

In seinem Bestreben, Zahlen zu heben, hat Pfizenmaier seine Botschaft an Universitäten, Gehwegen und belebten Kreuzungen verbreitet, trägt eine thailändische Flagge und posiert für unzählige Selfies. "Ich hoffe, dass ich einige Menschen davon überzeugen kann, ihre Pflicht als Bürger zu erfüllen und dazu beizutragen, das Land voranzubringen", sagte er. Die meisten Leute, denen er begegnet, sagen, dass sie wählen. Aber ob das stimmt wird man sehen. Groß und athletisch ähnelt der David seinem fiktiven Alter-Ego, das sich von einem potenziellen Wähler zum nächsten bewegt. Ob es ein Kampf gegen Goliath ist, kümmert ihn nicht. "Jeder Bürger auf der Welt, der Freiheit und Demokratie haben will, bekommt das nicht im Schlaf als Geschenk." 



Vor fünf Jahren rebellierte ein Einzelner dagegen, dass von Teilen der rechten Gelbhemden eine gleichberechtigte Stimme bei Wahlen abgelehnt wurde. Eine Stimme aus Bangkok sollte gelten wie drei Stimmen vom Lande. "Die sind ja dumm. Die wissen doch gar niht, was sie wählen." Der junge Mann wurde aus einer Veranstaltung mit dem Kandidaten Abhisit abgeführt, aber sein Protest führte zu einer Massenbewegung.

Es ist dabei interessant, dass vor allem aus der Riege der Expat-Sesselfurzer bis heute die Verschwörungstheorie kolportiert wird, in Thailand sind alle Stimmen gekauft. Das stimmte eingeschränkt noch vor 20 Jahren, aber heute stimmt es nicht mehr. Vor allen nicht mit dieser hochnäsig-arroranten Verallgemeinerung.

Akawutt bei seinem Protest







Es geht also doch, David gegen Goliath! Heute kandidiert Abhisit wieder, aber niemand wagt mehr diese ultrareaktionären, undemokratischen Forderungen zu erheben. Aber zur Zeit geht es um mehr. Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Pressefreiheit gibt es unter einer durch Putsch an die Macht gekommenen Regierung nicht.




Davis sagt, "Leute, die mich kennen, sagen, dass ich viel Energie habe", und fügt hinzu, dass er den Comic-Helden inspirierend findet. "Jeder hat ein Superman-Gen." Zur Hauptverkehrszeit in Bangkok nutzt er die langen Ampeln der Stadt, um zwischen Motorrädern und Autos zu laufen, blinzelt ein Grinsen und hält sein Zeichen hoch. Nach etwa 30 Minuten sagt nur eine Person, sie würde nicht abstimmen. Andere gaben ihm Daumen hoch, High-Five, nickte mit dem Kopf ja, oder schüttelte ihm die Hand.

Na, das ist doch ´was. Ein Beispiel, ein Vorbild zum Nachmachen. Warum tun wir es nicht auf der Straße, da sieht man uns. Wenn  wir viele sind, kann man uns nicht fesseln, wagt keiner zu schießen. Wenn wir es gut machen, haben wir die Menschen hinter uns.

Die wunderbaren Beatles sangen 1968, also vor mehr als 50 Jahren:



Manfred Spies, 23.März 2019

Mittwoch, 20. März 2019

Thailand-Fehler? Ja, aber richtige!

Vielleicht kann es für Neuankömmlinge mit Bauvorhaben nützlich sein, auf die Zuverlässigkeit und die Qualität von Lieferanten und Handwerkern im "Land des Lächelns" hingewiesen zu werden. Die Expats mit Erfahrung werden meine Beispiele kennen und nicht lächeln, sondern lachen. Wenn aber die Türen nicht nach Plan 200cm hoch sondern nur 180cm hoch gemacht sind, ist das eigentlich nicht zum Lachen. Wenn der Bauherr nicht eine beauftragte Deckenhöhe von 320cm sondern von 280cm vorfindet, rastet er meist aus. Aber es gibt klipp und klare Verträge mit Konventionalstrafen und eine Zurückhaltung beim Bezahlen. Im Notfall kommt die Polizei. 

Als der Architekt mit unserem Geld anfing, ein eigenes Haus zu bauen und unsere Baustelle verwaist war, kam die Polizei. Man las den Vertrag, nahm das nicht eingehaltene Bauende zur Kenntnis und bestellte den Architekten auf die Wache. Am nächsten Tag waren er und 15 Arbeiter bei uns und es wurde zügig gearbeitet.
Ratsam ist es, selbst immer anwesend zu sein. Die Thai-Ehefrau hat oft keine fachliche Ahnung, schaut auch nicht in die Pläne und lässt Fünf gerade sein. 
Ich war auch nicht vor Ort und konnte erst später reklamieren. Es gab eine Liste von sage und schreibe 64 Mängeln. Im Wohnraum musste z.B. der quadratische Granitrahmen unter dem geplanten Esstisch gegen einen im Plan stehenden, rechteckigen ausgetauscht werden. Der Esstisch soll ja in der Mitte des Rahmens stehen!

Quadratischer Rahmen - falsch
Rechteckiger Rahmen - richtig
Der Rahmen passt zum Tisch


An den Treppenstufen sollten keine blauen Eckschienen sondern silberne angebracht werden. 
Saublöd, diese blauen Kanten. Warum macht ein Thai-Architekt so etwas? Diese ganzen Reparaturen kosten Geld, das der Bauherr nicht bezahlt!


Der Bauherr hat genau geplant und will eine ästhetische Wohnung haben!
Installierte Lichtschalter, die im Plan als Dimmer eingezeichnet waren, mussten gewechselt werden. 
Da die Abflüsse für die Dachrinnen einfach vergessen wurden, war die Reparatur und das Ableiten des Regenwassers in unseren unter dem Haus liegenden Gartenwasser-Tank sehr aufwendig. 
Diese "Vergesslichkeit" ist ja nun wirklich zum Lachen.
Bei der vier Monate verspäteten Abnahme musste eine Konventionalstrafe gezahlt werden. Ob der Architekt am Ende am Bau etwas verdient hat, war mir schnuppe. Ich bin nicht sein Manager und Buchhalter. Es war mir auch gleichgültig, ob ich von den in der Siedlung wohnenden Farangs als Meckerer bezeichnet wurde. Wir wohnen heute nach all den Verbesserungen in einem perfekten Haus, während die anderen die zum Teil massiven Baufehler mit dem Argument akzeptierten, "Das ist nun mal so in Thailand." Nee, nicht bei uns. 
Und ich kann nur allen raten, SEHR GUT ZU PLANEN, einen guten Vertrag zu machen und zu kontrollieren. Das Wohnen hier in Thailand soll uns ja beglücken, unsere Investitionsbereitsschaft soll nicht bestraft werden. Und wenn man den Thai-Handwerkern zeigen will, wie man z.B. Fußleisten und Türrahmen sehr schnell und sehr sauber mit der Verwendung von Klebeband streichen kann und SIE ES ARROGANT NICHT MACHEN, ist ein ganzer Tag Retuschieren der wackeligen Linien die Folge!!! Wenn man keinen Stress haben will, macht man Kleinigkeiten selbst.

Mit einem breiten Pinsel kann man keine exakten Kanten streichen.

Wenn man die Schnauze voll und die Zeit hat, macht man es selbst.



Weiter gutes Gelingen und alles Gute wünscht Manfred Spies
Mittwoch, 20. März 2019

Donnerstag, 7. März 2019

Thailand erleben oder verlassen?

Offener Brief an wirkliche Freunde, 7.-3.-2019

Liebe Moni. lieber Walter,

heute Abend habe ich beim lauten Chorgeschrei der Grillen und beim Abenddrink neben Luck und meinen Vierbeinern, die ja mal Walter in ihrem Begrüßungstaumel anspringend die Shorts waschmaschinenreif beschmutzten, an euch gedacht.



Euer großer  Kerzenleuchter steht nun windgeschützt in Nachbarschaft von diversen Teelichtern auf unserem Tisch beim Ausklang des Tages mit klassischer Musik, Glillenchor und Vierbeinerheulen. Euer geliebter Jazz kommt zur Zeit nicht vor. Aber mein Archiv ist riesig und könnte bei einem Besuch aktiviert werden.

ihr seid ja nun seit einigen Jahren weg zurück in Deutschland. Ihr wart sehr viel auch kulturell unterwegs, was - wie ich bei meinen Facebook- und Blog-Beiträgen auch feststelle - kein Schwein interessiert. Das Finden von Stecknadeln in Heuhaufen - um es mal euphemistisch zu formulieren - ist hier in Thailand ermüdend und frustrierend.

Aber es gibt diese Stecknadeln, diese goldenen Ringe, diese Perlen. Und es gibt immer wieder diese „legendären Diskussionen auf der Terrasse bis nach Mitternacht.“, wie mein Freund Paul es beschrieben hat.

Ich frage euch und andere, die hier oft undifferenziert und mit einer Blindenbrille das real existierende Thailand schwarz oder rosaror betrachten und ich frage die anderen mit einer Deutschland-Phobie: 
Seht ihr klar? Könnt ihr differenzieren? Seit ihr bereit zu abstrahieren von NUR EUREN EIGENEN Bedürfnissen und Ansprüchen? Es gibt nicht nur den Müll und die Geldgier der Thais,. Und es gibt nicht nur das Thai-Lächeln.



Schreibt mir und fallt über mich her, der ich hier gern lebe aber auch meinen kritischen Verstand nicht bei der Einreise am Zoll abgegeben habe. Ich bebilderte meinen Enthusiasmus und meine Kritik an Thailand in hunderten von Beträgen, aber hier nicht mehr. Das habe ich oft genug getan, für die Menschen in Thailand, für das Land, für mich und für die Denkenden und nicht nur Gläubigen. Für die Inselspringer und Tempelhüpfer schreibe ich nie. Oberflächlichkeit ist nicht meine Welt.



Grüße von Manfred am warmen Abend des 7. März 2019 

Sonntag, 3. März 2019

Thailand Karneval, Fastnacht, Fasching?

Thailand Karneval, Fastnacht, Fasching?
Leider Fehlanzeige




Eines der wichtigsten Thai-Worte ist SANUK. Das bedeutet SPASS. Zwar übernehmen die Thais gern alles an Festen von anderen Ländern, weil ja feiern Spaß macht. Sie feiern das christliche Weihnachten, zu Ostern findet man Hasen und gefärbte Ostereier in den Geschäften und in das neue Jahr „rutscht“ man internationale am 1. Januar, auf chinesische Art Anfang Februar und Mitte April in das thailändisches Neujahr SONGKRAN. Aber Karneval gibt es nicht.

Warum? Darüber kann ich nur Vermutungen anstellen, denn Begründungen fand ich nicht.

Das Gesicht.
Das Gesicht ist in Thailand ungemein wichtig. Es hat hübsch zu sein und auch bei Männern stapeln sich in den Badezimmern Kosmetika. 

Vor einem besonderen Fest verbringen die Frauen oft Stunden in einem Beauty-Shop um schön gemacht zu werden.

Ob das dann schön ist, hängt vom Geschmack und kulturellen Backround der Betrachter ab

Sich in dieser Weise das Gesicht zu bemalen ist in Thailand nicht SANUK

Sich in dieser Weise das Gesicht zu bemalen ist in Thailand nicht SANUK 


Also verdeckt man es doch nicht mit Farbschichten und hässlichen Masken! Man will sich nicht verstecken, sondern gesehen und erkannt werden.
Wenn im alljährlichen „Karneval der Kulturen“ in Berlin (was überhaupt nichts mit Fasching oder Karneval zu tun hat) auch Thai-Gruppen auftreten, so sind die Gesichter lange gepudert und geschminkt, aber nie lustig bemalt.(*)




Die Masken
Thailänder vertrauen dem Glauben mehr als dem Wissen. Sie glauben an Geister und Götter und vermuten hinter Masken Bedeutungen. Farbenprächtige Gewänder und Masken werden nicht einfach zum Spaß getragen, sondern sind Teil ritueller Handlungen und historischer Tänze. Masken vor dem Gesicht, dazu noch bösartige - da ist man skeptisch!
Karnevalsmasken - da ist man in Thailand eher erschrocken

Karnevalsmasken - da ist man in Thailand eher erschrocken

Yaksha-Tänzer

Tempel-Wächter in Bangkok
Insofern hat unser Versuch, am Rosenmontag Karneval in den Thai-Alltag zu tragen, keinen Erfolg gehabt. Unsere venezianischen Masken haben an der Kasse des Discounters nur Irritation ausgelöst. 

frivoler Früchte-Geist


frivoler Früchte-Geist

Luck mit venezianischer Maske in Pak Chong

Manfred mit venezianischer Maske in Pak Chong


Die Obrigkeit
Hierarchie, Obrigkeitsdenken bis hin zur Unterwerfung in für westliches Denken unvorstellbarem Maße ist in Thailand Tradition, Normalität und ist zu respektieren.

Text Günther Ruffert


Der König übergibt den neuen Thai-Diplomaten ihre Urkunden.
   
Was wir als Repression empfinden, geschieht in Thailand in Familien, in Schulen und Universitäten, im Berufsleben und natürlich bei allen Ehrerbietung gegenüber Würdenträgern. Kritik ist allgemein unerwünscht. In jedem Reiseführer ist nachzulesen, dass Kontroversen und kritische Diskussionen unhöflich und  das Gegenteil von SANUK sind. Das widerspricht total der Geschichte von Karneval:

„Die Römer feierten vom 17. Dezember bis 19. Dezember die Saturnlaien zu Ehren ihres Gottes Saturnus. Das Fest war verbunden mit einem öffentlichen Gelage, zu dem jedermann eingeladen war.,,,Sklaven und Herren tauschten zeitweise die Rollen, feierten und saßen gemeinsam bei Tische, tranken und aßen, konnten jedes freie Wort wagen und überschütteten sich mit kleinen Rosen. Aus den Rosen entstand möglicherweise das in unseren Tagen bekannte Konfetti….
Wolfram von Eschenbach beschreibt 1206 in seinem Minengesang „Parzival“ mit blumigen Worten, wie die Frauen rund um die Burg der Grafen von Hirschberg-Dollnstein am Donnerstag vor Aschermittwoch groteske Spiele, Tänze und Verkleidungen vollführten. Die kleine Marktgemeinde Dollnstein im Altmühltal (Bayern) reklamiert deshalb für sich, Wiege des deutschen Karnevals im Allgemeinen und der Weiberfastnacht im Besonderen zu sein.“(Wikipedia)

Ein Rollentausch von Herr und Diener, „freie Worte“ gegenüber der Obriigkeit oder gar ein Hofnarr, der sich über die Monarchie lustig machen darf, sind in Thailand völlig undenkbar.

Politik-Kritik ist  in Thailand so nicht möglich und nicht SANUK

Politik-Kritik ist  in Thailand so nicht möglich und nicht SANUK


Allerdings hatte das auch im Abendland oft Grenzen:
„Am 9. Februar 1609 wurden zum wiederholten Male in Köln das Karnevalsfest und die „Mummerei“ verboten, um die öffentliche Ordnung zu wahren….“(Wikipedia)

Eher als närrische Verzweiflungstat aufzufassen war ein Versuch in Laos. in einem Restaurant „Helau“ rufen zu lassen.
närrischer Einzelfall in Laos


So können wir uns also nur aus der Ferne in das närrische Treiben einmischen, ein wenig neidisch auf die vielen Wagen mit satirisch geformten, durch den Karnevals-Kakao gezogenen  Politikern blicken, „Helau“ und „Alaaf“ rufen und allen tonnenweise „Kamelle“ wünschen. Die damaligen Sammlungen von meiner Frau Luck waren beachtlich.



Und zum Abschluss von ein paar Bilder aus der eigenen Zeit.

Luck in Düsseldorf 2008

Luck in Düsseldorf 2009

Manfred 1955

Manfred 1957

Manfred 2008 als SPD-Weihnachtsmann, der viel verspricht aber keine Geschenke hat.



(*)Karneval der Kulturen, Berlin
2018

Bildergalerie


Luck und Manfred, Rosenmontag, 4.2.2019