Mittwoch, 10. Dezember 2014

Back in Town - Volles Programm

Zwei Wochen in der alten Heimat, meist bei Sonnenschein und auf einem Ketteler-Rad, vorne und hinten gefedert mit einem hohen Lenker aufrecht sich durch die Stadt bewegend. Manchmal frage ich mich: Warum ist in dieser Landeshauptstadt mit viermal mehr Einwohnern als im Ganzen Umkreis von Pakchong so wenig Verkehr, warum ist es so leise? Und die Autos lassen sich erkennen, weil sie sich nicht hinter einer schwarzen Auspuffwolke verstecken. Auch im Sommer sieht man kein einziges Moped.
Warum es so sauber und ordentlich zugeht, ist sehr leicht zu erklären. Natürlich hat man in Thailand Jahrhunderte alte Traditionen, auf denen viele Thai in Gesprächen auch heute beharren:

"Ich schmeiße meinen Müll auf die Straße, verbrenne ihn, wenn genug zusammen ist. Das haben wir immer so gemacht" (Stichwort THAI-FREIHEIT
"Ich fahre im Verkehr, wie es mit passt, schneide Kurven, weil es eine Sekunde schneller geht, fahre auch mal als "Geisterfahrer", weil es eine Abkürzung bedeutet. Ich habe ja ein Geisterhäuschen und deren Bewohner werden es mir verzeihen." (Stichwort THAI-FREIHEIT)
"Was sagen die Farang? Rücksicht? Was ist das denn? Ich gucke nicht zurück? Ich lebe heute und da bin ich der Wichtigste, der Größte, der Hübscheste. Und meine Vorteile im Geschäftlichen erreiche ich natürlich mit sogenanntem "Schmiergeld." Dann läuft alles wie geölt. Das ist doch überall so und ist immer so gewesen!"
"Achtsamkeit, auch gegenüber der Natur? Keinen Neid? Genügsamkeit? Das hat Buddha wirklich gesagt? Nun, wir Thailänder sind zu 95% Buddhisten. Aber wenn Buddha den "Mittleren Weg" und den "Achtfachen Weg" auch für Mopeds vorgesehen hätte, würden wir ihm vielleicht näher kommen können."
"Gleichberechtigung? Die Armen sollen gleich viel wert sein wie die Reichen? Die Ungebildeten sollen gleiche Chancen haben wie die Gebildeten? Und wie bitte, die Frauen sollen die gleichen Rechte haben wie die Männer? Sie sollen uns prügeln dürfen, wie wir es millionenfach täglich mit ihnen machen? Ja wo leben wir denn?"

Dem ließe sich noch unendlich viel hinzu fügen. Aber das ist ja alles bekannt, man kann es unter Eingabe entsprechender Stichworte überall nachlesen. Danach hat man dann oft den Eindruck, als Ausländer in ein überall beschriebenes "Land des Lächelns" gekommen zu sein und ein lächerliches Land vorgefunden zu haben. Ja, Thailand ist anders. Manche empfinden einen Kulturschock, weil sie so wenig Kultur im Heute finden können.

Nun bin ich also ein wenig zur mentalen Genesung, zum Einkauf hochwertiger Produkte nebst unglaublich qualifizierter Beratung (stundenlang und kostenlos z.B. im apple shop in Düsseldorf) und zu Besuchen bei vielen Ärzten wieder hier. Natürlich stehen auch Konzerte, Theater, Kino, Lesungen, Besuche von Ausstellungen, leckeres Essen und Trinken und Besuche bei Freundinnen und Freunden auf meinen Zetteln. Wenn wir gemeinsam gebratene Gänse, wunderbare Eintöpfe, Salate und Käseplatten oder reichhaltige Frühstücke genießen, ist der Einkauf in all den zu Fuß erreichbaren Geschäften vorher auch ein Genuss. Auch in den ganz preiswerten Discountern wie aldi, penny oder lidl gibt es Theken mit über 80 Käsesorten und über hundert Aufschnitt- und Wurstsorten. Das Gleiche gilt für Obst und Gemüse. Das Angebot ist weitaus umfangreicher als bei Tesco/Lotus. Natürlich sind fast alle Exoten wie Papaya, Mango, Ananas, Kiwi usw. teurer als an den Orten des Erntens. Aber die Menschen verdienen ja auch hier das Vielfache. Übrigens habe ich hier Avocados für € 0,89 gesehen. Bei Tesco in Thailand kosten sie immer € 1,98 obwohl Neuseeland nicht weit ist.

Meine Mac-Utensilien habe ich inzwischen alle gekauft. Wegen der Übertragung der alten Festplatte von 2002 auf den neuen MiniMac war Hilfe im applestore nötig, Im hinteren Teil des riesigen Geschäfts stehen drei lange Tische aus edlem Holz mit allen erdenklichen Anschlüssen. Dorthin bringen die Kunden ihre Geräte und stellen Fragen. In unserem Fall wurde aus dem Lager ein 27´´-Monitor heran geschafft und wir wurden drei Stunden lang beraten.
Ja, ich bin gern hier, denn es gibt nicht nur kulturelle und umweltbedingte Unterschiede sondern auch enorme Defizite im Service und in der Kenntnis der verkauften Materie wenn man Thailand vergleicht.

Natürlich bin ich auch hier, um viele Ärzte zu konsultieren, Alle bisherigen Ergebnisse waren wie schon erhofft oder erwartet sehr befriedigend oder die Katastrophen lassen sich absehen.
Größere Eingriffe lasse ich aber nicht hier machen, weil ich dazu keine Zeit habe.

Thema Darmspiegelung (wirklich wichtig!)
Da mich die Ärzte seit langem dazu drängten, wollte ich es jetzt endlich mit 73Jahren mal machen lassen. Ich hörte von anderen, dass es wegen der Narkose völlig schmerzfrei sei. Gut so. Man bekommt inzwischen von allen Ärzten seitenlange Fragebogen zum Ausfüllen mit JA oder NEIN. Da gibt es fast alles, was an Fragen möglich ist. Bei der Frage nach meiner eventuellen Schwangerschaft (auch beim Zahnarzt) habe ich "vielleicht" geschrieben. Ich lebe seit langer zeit im Land der guten und bösen Geister, da ist alles möglich.

Die Behandlung ist eine Vorsorgeuntersuchung, die von alles Krankenkassen bezahlt wir. Ich wurde in der erstklassig eingerichteten Praxis ausführlich unterrichtet und ging mit zwei Packungen Pulver A und Pulver B eines Abführmittel nach Hause. Alle Bekannten warnten mich vor diesen Mittel, die ich an zwei folgenden Tagen in je einem Liter Wasser hinunter schütten sollte. "Sie schmecken grauenhaft". Danach waren sofort weitere zwei Liter Wasser zu trinken. Diese Reinigungsmittel sollen den Darm dermaßen spülen, dass man ihn nachher abtrocknen und neben die polierten Sektgläser stellen kann.
In den Arzt-Infos steht, was man in den Tagen vorher und nach Beginn der Fastenzeit nicht essen und trinken darf und was erlaubt ist. Von KLAREN Getränken wie Wasser, Tee und  Apfelsäften ist da die Rede. Wein und Bier sind auch keine trüben Getränke. Also trank ich zur Erholung abends beim Lesen noch drei Gläser Wein.

Dienstag 17 Uhr.
A+B wurde in einem Liter Wasser mit dem Schneebesen aufgelöst und testweise pur getrunken. Na, es gibt Schlimmeres. Mit ein wenig Apfelsaft schmeckte es sogar fast erfrischend.
Die zwei Liter Wasser danach waren schlimmer. Niemals habe ich drei Liter Flüssigkeit in 45 Minuten in mich hinein gelassen. (Ich wohne ja nicht in Pattaya und war nie in Spanien im Ballermann.) Wenn ich mich gebückt hätte, wäre alles übergelaufen.
ACHTUNG: In keiner der Infoblätter des Arztes bzw. auch nicht auf der Pulver-Packung war vermerkt, dass die Inhalte stark zuckerhaltig sind. Aber anders lässt sich die Explosion meines Zuckerspiegels (ich bin seit 60 Jahren insulinpflichtiger Diabetiker Tay 1) nicht erklären!!!!

Dienstag, 18.Uhr
Also anschließendes Spritzen wie ein Insulin-Weltmeister.

Dienstag, 18.10 Uhr
In meinem Bauch rumorte in der ersten Stunde nichts. Das sollte sich ändern. In der folgenden Stunde saß ich so oft auf der Brille, dass ich jedem anderen raten würde, einfach mit einem guten Buch dauerhaft dort zu verweilen. Nach zwei Stunden war der ganze Spuk vorbei und ein ruhiger Abend mit Fastenzeit begann.

Mittwoch 7.00 Uhr
Ich schlief bis 6.00 Uhr am Morgen, machte ein wenig Gymnastik und begann das Trinken gegen 7.00 Uhr von Neuem.
Merkwürdig war, dass ich nicht mehr so oft auf die Reinigung dieser Schlange in meinem Bauch angewiesen war. Das Wasser schmerzte auch mehr als am Abend. Wo war es geblieben?

Dienstag, 11 Uhr
Nach dem Duschen und Ankleiden ging es vier Stunden nach der Wasseraufnahme und -abgabe zum Doc. Die Schwestern halfen mir beim Entkleiden und betteten mich in eine Art gynokologischen Stuhl. Keine Angst bei Schamhaften: Man bekommt ein Höschen, in das ein Loch an der Stelle der Behandlung geschnitten wird.
Nach einer Schlafspritze und der Behandlung fand ich mich ausgestreckt unter einer Deck bei leiser Musik. Da ich noch etwas benommen war, half man mir bei allem Möglichen und bestellte ein Taxi. Zuvor hatte sich der Arzt sehr zufrieden über meinem jugendlichen Darm geäußert.

Dienstag 12.30 Uhr
Daheim wollte ich den Gewichtsverlust der letzten Tage sofort ausgleichen, angetrieben von einem alles bestimmenden Hunger. Es wurde ein Festmahl, das jeder Koloskophie würdig war.

Ihr seht, alles gar nicht schlimm und nicht einmal aufregend. Leider hatte ich vorher keine ermunternden Erfahrungsberichte lesen können. Daher mag das hier eine Hilfe sein.

Was ich hier sonst noch alles besuche (Jazz, Theater, Kabarett, Literatur, Tanz, Rock...) hängt von eigenen Bedürfnissen ab. Zur Information, was in diesen Bereichen in Düsseldorf alles geboten wird, empfehle ich einen Blick in den "biograph".

http://www.biograph.de/

Nach diesem zweiten Bericht zum Thema "Back in Town" grüße ich herzlich

Manfred Spies

PS.: Nur bei Regen, 1 Grad Celsius und Gegenwind spüre ich im Gesicht die Költe. Wetter ist immer eine Frage der Kleidung. Ich bin zufrieden.
Was die Sehnsucht nach Thailand angeht, so verspüre ich sie nur, wenn ich an Luck denke. Eine Freundin hier sagte mir, meine Augen leuchten, wenn ich von ihr spreche.








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