Im so genannten „Land des Lächelns“ gibt es in der Tat für ausländische Besucher oder Ausgewanderte viel zu Lächeln. Auch Gründe für schallendes Gelächter. Nicht mit den Thai, sondern über sie.
Ganz anders als in moslemischen Ländern, wo figürliche Darstellungen zugunsten von Ornamenten vermieden oder sogar verboten werden, hat der Thailänder eine ungebrochene Leidenschaft für alles Figürliche und eine stille Verehrung von Kitsch. Die Figuren werden allerdings fast immer mit Bedeutungen und Mystik aufgeladen.
Die riesige, von mir vor ein paar Tagen bei facebook abgebildete Hulk-Figur ist kein Gag, nicht nur werbender Blickfang. Nein, sie steht vor einem Gold- und Juwelen-Geschäft der Sonderklasse in Pak Chong und soll den Laden beschützen. Das wird erreicht, indem bei der Einweihung des Ladens die üblichen neun Mönche (immer ungerade Zahl!) selbstverständlich auch die Figur mit allen starken Schutzgeistern animistischer und hinduistischer Couleur aufladen.
Zwar ist das nach Buddhas Vorschriften verboten, aber es bringt ja Geld und erhöht den Kontostand des Klosters, was nach buddhistischer Lehre auch verboten ist. Und schon lächelt oder lacht der buddhistisch-fundamentalistische Autor dieser Zeilen.
Wenn der Deutsche in seinem Garten die Gartenzwerge Sport treiben lässt, umschreitet er sie nicht vorher und murmelt beschwörende Gebete, damit die Gartenzwerge seine Fitness und Potenz beschützen. Die Zwerge sind nur Deko und Erheiterung.
Ganz anders in Thailand. Der Besitzer des Hotels, vor dessen Eingang kraftmeierische Zwerge zugange sind, hat mit Deko wenig am Sonnenhut. „Die Männer zeigen die guten und die bösen Geister, die überall sind und vor denen wir uns schützen müssen. Der Wettstreit ist nicht entschieden. Wir hoffen, dass das ein guten Zeichen ist und die Geister sich lange mit sich selbst beschäftigen und uns in Ruhe lassen.“ Ich habe nicht grölend gelacht, der Mann ist mein Freund.
„Glaube ist ein Opfer der Vernunft“ sagte mein Freund Dieter Forte. Glaube kann hilfreich sein. Aber zu viel Glaube lähmt und ist ein Anachronismus in einem Land, in dem fast Jede und Jeder alle 10 Sekunden das Smartphone benutzt.
Beispiel: Auch in Reiseführern wird heute noch dieser Schwachsinn verbreitet, dass man Kinder und Erwachsene nicht am Kopf berühren darf. „Da sitzt der Geist.“ Wirklich? Ich dachte, die Thai denken mit dem Bauch und mit der Handtasche, in der die Geldbörse liegt.
Sarkasmus beiseite: Jedes Kind und jeder Mensch weiss ebenso wie fast jedes Tier, wie schön es ist, am Kopf gestreichelt zu werden. Ich habe damit sogar einen halb erstickten, großen Waran wieder zum Leben erweckt. Und warum ist in Thailand die Kopfmassage so enorm beliebt?
Genauso ein Schwachsinn ist die Vorstellung von „unreinen Füßen“, für die man auch nach dem Duschen IN JEDEM FALL ein anderes Handtuch benutzen soll. Wenn bei Frauen von Freunden, in Familien oder in Reiseführern solcher Unsinn verbreitet wird, der sich leider auf Traditionen beruft, lache ich nicht. Ich ergreife die Flucht.
Es gibt in Thailand Traditionen - ich würde eher sagen „Gewohnheiten“ - die man kopfschüttelnd belächeln kann, die man aber tolerant hinnimmt. Dazu gehört auch die Figurenwelt, die zum größten Teil Geister- und Götterwelten sind. Von dem, was in Thailand an buddhistischem Glauben täglich realisiert wird, sind 80% animistisch und hinduistisch. Buddha würde angesichts dessen, was in seinem Namen passiert, im Grad wie ein Ventilator rotieren, wenn er nicht verbrannt worden wär´.
All das sollte man im Kopf behalten, wenn man mit mir eine kleine Reise durch die von mir beobachtete Figurenwelt Thailands macht. Es gäbe noch viel mehr zu zeigen. Ich war nicht viel unterwegs, fotografierte nicht nur Figuren und gebe hier nur einen kleinen Einblick.
Der „Elephant-Tower“ in Bangkok braucht vor der Türe keine Figur. Er ist selbst eine.
Natürlich darf man erstaunt sein. Es darf auch gelächelt werden. Aber über Kitsch diskutiert man in Thailand nicht. Er ist selbstverständlich überall präsent.
Bei den Besuchen im Wat Pimparam in Pak Chong, einem meiner kleinen Lieblingstempel, stelle ich mit vor, wie vergleichsweise ein deutscher Pfarrer am Eingang seiner Kirche betende Gartenzwerge postiert. Lachen erlaubt.
Gar nicht lachen sollte man über die Geisteshäuschen, die in Thailand nicht nur vor fast jedem Privathaus stehen. Der Geisterglaube hat zwar mit Buddhismus nichts zu tun, ist aber elementarer Bestandteil vom Leben in Thailand.
privates Geisterhaus |
Anpassung oder Überzeugung? |
„Für thailändische Buddhisten symbolisiert der Elefant Glück, Majestät, Stärke, Fleiß und Intelligenz. Auch in anderen buddhistischen Ländern genießen Elefanten hohes Ansehen, aber nirgends so ausgeprägt wie in Thailand. Dort ist die Verehrung des Tieres ein Politikum.“(Deutschlandfunk). Elefanten sind in Thailand daher überall zu finden.
Am Erawan-Museum in Bangkok steht ein riesiger, dreiköpfiger Elefant auf dem Gebäude |
überall sagt der Elefant "Willkommen!" |
Elefantenparade am Erawan-Schrein im Zentrum von Bangkok |
Tempel-Elefant in Muak Lek |
Viele Figuren sollen - wie schon erwähnt - Privathäuser, Geschäfte, Bürogebäude und Tempel beschützen. Die unterschiedlichen Figuren haben Wächterfunktion. Kriegerische Figuren aus der Mythologie, Vögel, Schlangen (Nagas) und Löwen werden aufwendig gestaltet oder massenhaft in Shops verkauft.
Yaksha-Tempelwächter in Hua Hin |
Yaksha-Tempelwächter in Bangkok |
Nagas sind Schlangengottheiten und als Wesen mit magischen Fähigkeiten bekannt und können jederzeit menschliche Gestalt annehmen. Gelegentlich sollen sie ihr Reich verlassen und sich unter die Menschen mischen. Sie gelten als Wächter von Übergängen, Treppen, Schwellen und Türen, besonders auch im symbolischen Sinn. |
Löwen sind besonders beliebt als Wächter von Portalen, Eingängen usw. |
Türwächter |
...gefährlich schön |
Ich habe mich immer mit allen Wachtern gut vertragen |
Türwächter an einem Privathaus |
Es gibt allerdings Hausbesitzer, die solchen Figuren weniger vertrauen als baulichen Maßnahmen, die ihr Grundstück in einen Hochsicherheitstrakt verwandeln.
Wo ein Bedarf besteht, sind die Geschäftemacher sofort zur Stelle. Für Geisteshäuser gibt es unendlich viele Shops in Thailand. Auch das Bedürfnis, sich aus unterschiedlichen Gründen mit Figuren zu umgeben, wird befriedigt. Ob diese auch mit Religion, Mystik oder Animismus aufgefüllt werden, ist zu bezweifeln.
Auch die Damen vor einem Dessou-Shop wurden sicher nicht von Mönchen gesegnet.
Für die Fabrik, die die fröhlich lächelnden Schweine zur Schlachtbank führt,
ist die Figur auch nur Werbung.
Was den Abt dazu veranlasst hat, sein Wat (Simalai, Nähe Pak Chong) in eine Mischung aus Tempel und Disneyland zu verwandeln, konnte ich nicht ergründen.
Ganz andere Bedeutung hat diese schöne Avalokiteshvara-Figur an einem Privathaus. Sie verkörpert ursprünglich das universelle Mitgefühl.
Figürliche Darstellungen machen vor nichts halt. Gestaltete Türgriffe sind in Thailand sehr beliebt und sollen natürlich auf etwas hinweisen oder abschrecken.
Womit man in diesem Haus abgefüllt wird, war nicht zu erfahren |
Ich war sehr erstaunt zu sehen, dass diese verstörenden Türgriffe zu einem Juwelier -Geschäft gehören |
Wer sich von den artifiziellen Wächtern und Beschützern nicht abschrecken lässt - es gibt auch natürliche Aufpasser! Die scharfen Zähne sich keine Show.
Manfred Spies
18. September 2019