Im Thailand. das jeder Expat zumindest temporär als ein Land des hämischen Grinsens bezeichnet, liegen die Nerven oft blank wie die geputzen Kredit-PickUps.
In Thailand schwer krank zu sein beschert Erlebnisse, auf die man trotz blanker Nerven nicht verzichten sollte. Auch dann nicht, wenn man sich durch die Buchung eines Abenteuerurlaubs ausreichend eingedeckt glaubt.
Weil ich Perfektionist bin und für besondere Aufnahmen auch mal im Tempelgelände herum steige, verletzte ich mir diesmal beim Absturz die zum Sitzen benötigt Körperpartie.
In meinen meist einsamen Tempeln hätte ich normalerweise keine Hilfe bekommen. Heute aber war Besuch da und mein Gebrüll wurde erhört. Die zwei Männer sammelten meine Kamera und die heraus gefallenen Batterien ein und schleppten mich sehr langsam zum Auto. Sie wollten mich nach Hause fahren, aber dann wäre der Schock meiner Frau noch größer gewesen.
Luck und der Gärtner transportierten mich ins Haus, und weil sie nun mal dabei waren, ließ ich mir unter Höllenqualen auch die 20 Stufen nach oben helfen. Im Bett checkte ich die Beweglichkeit von Füßen und Beinen. Links tat es weh, aber es klappte. Beim Liegen hatte ich keine Schmerzen, aber Auftreten und das linke Bein belasten war auch mit Krücken nicht möglich. Ich verließ die obere Etage nicht und schonte mich. Ich nahm jede Menge Schmerz- und Schlaftabletten und gab mir zwei Tage Zeit. Heute Morgen rollte ich auf einem Bürostuhl zur Toilette, es ging gar nichts mehr. Also ein Check im Krankenhaus.
Bisher wurde ich von meiner Frau oder - wenn mich meine Frau auf die Intensivstation begleiten musste - von meiner Schwägerin ins Hospital gebracht, Heute benötigten wir einen Krankenwagen, denn ich musste oben abgeholt werden Der Notdienst fragte, wie lange der Sturz zurück liege. „Bei zwei Tagen liegt kein Notfall vor. Lassen Sie sich von Nachbarn helfen.“
Luck ist immer zu Kompromissen bereit, aber sie wusste, wie es mir ging und wurde ruppig. Sie telefonierte weiter und fand Hilfe. Es ist erstaunlich, dass, sie danach dreimal angerufen wurde. Man fragte nach meinem Namen, meinem Alter und meinem Gewicht. es wurde sich nach der Art der Bezahlung erkundigt und zuletzt brauchte man eine Wegbeschreibung, als man 100 Meter weit entfernt war. Das ist Thailand-Notdienst. Viele Leute versterben, bevor der Notdienst tätig wird.
Als die beiden Männer aus ihrem Klein-Lieferwagen ausstiegen, vermutete ich eher einen Service für Haustier-Kliniken. „Da passt keine Liege rein“, sagte ich zu Luck. Die Männer kamen ins Haus sahen mich oben in einem Stuhl sitzen und winkten mir zu, herunter zu kommen. Ich lieferte ihnen das Schauspiel eines Verendenden, der sich mit letzter Kraft zu erheben versucht. Sie stürzten mir entgegen und fingen mich auf. Dann holten sie eine schmale Plastikschale, legten sie oben im Flur auf den Boden und bedeuteten mir, Platz zu nehmen. Meine Frau erklärte ihnen, ich kann mich nur fallend darauf legen, knien oder bücken geht nicht. Ich rollte mich auf dem Bürostuhl ins Schlafzimmer und man legte die Plastikschale aufs Bett.
Dahinein wurde ich mit vereinten Kräften bugsiert, überall angeschnallt und auch der Kopf ausreichen gegen ein Abrutschen fixiert. Vier Personen transportierten den Schalenmenschen etwa der Neigung der Treppe entsprechen schräg nach unten. Zwischendurch hatte mein Kopf nicht den Eindruck von Fixierung sondern von Hängung.
Ins Auto geschoben schloss ich die Augen. Meine Füße bekamen einen Schubs beim Zuknallen der Türe. Bei dem Lieferwagen schienen Federungen und Stoßdämpfer vergessen worden zu sein. Es konnte sich vielleicht auch um ein Testfahrzeug handeln. bei dem man die Auswirkungen thailändischer Schlaglöcher und Bodenwellen auf Schwerkranke messen wollte.
Im Hospital wird man von der Plastikschale auf ein etwas gepolstertes Eisenbett umgelagert und über von vielen früheren Aufenthalten bekannte Wege geschoben. Da geht es über hässliche Schwellen, abschüssige Flure und kleine Stufen. Zwischendurch werden Wandkanten gerammt und an andere Betten gestoßen. Der Patient liegt auf dem Rücken und genieß den vertrauten Blick auf fleckige Decken, heraus gefallene Platten, abgebröckelten Putz und grelle Leuchtkörper.
Ich landete diesmal nicht in einer 40-Betten Notaufnahme, wo ich in einer Stunde direkt neben mir eine halbstündige Wiederbelebung und drei weitere Tote erlebte. Die Toten werden aus Rücksicht auf die noch Lebenden nicht abgedeckt hinaus gefahren.
Nein, diesmal sollte ja nur geröntgt und diagnostiziert werden. Offensichtlich gab es ja keinen Bruch.
Der Arzt kam, untersuchte, und beorderte mich zum Röntgen. Die Abteilung kannte ich von den CTs. Modernste Geräte, alles picobello.
Allerdings werden die Abdeckungen der Liegen nicht gewechselt und in Corona-Zeiten deckt man tunlichst mit einem mitgebrachten Handtuch die Speichelflecken früherer Patienten ab.
Nach 20 Minuten kam der Arzt und erklärte mir einen Schaden am Lendenwirbel. Meine Frau hatte ihm bereits erklärt, das ich sofort wieder nach Hause will, wenn kein Bruch vorliegt…..
Nun bin ich also wieder in der ersten Etage mit bereits monatelanger Quarantäne-Erfahrung und darf mich kaum bewegen. Dann werde ich auch kaum etwas essen. Ein bisschen Beingymn ist wohl erlaubt, damit ich nach drei Wochen nicht völlig wie ein Storch aussehe.
Ich nenne hier keine Namen, schließlich ist es meine Entscheidung, mich in stattlichen Thai-Krankenhäusern behandeln zu lassen. Heute habe ich für den Arzt, 4 Röntgen-Aufnahmen und Medikament 1750,- Bath bezahlt, das sind etwa 50,-€, die mir die deutsche Gesetzlich nicht ersetzt. Kann man verkraften.
Manfred Spies
12.8.2020
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