Montag, 15. November 2021

Bessere Welt? Ausblick mit Resignation...

Am Ende eines Lebens Geld zu zählen, ist ein Zeichen fast vollständiger Verblödung. Das macht kein Tier.

Am Ende eines Lebens zu fragen: Werden Menschen mit Freude, mit Anerkennung oder sogar mit Liebe an mich denken, ist vernünftiger. 

Ob man etwas im Leben bewegt hat, hängt aber nicht nur von dem eigenen, persönlichen Einsatz ab. Manchmal ist der Goliath tatsächlich stärker, manchmal sind die anderen taub oder blind.


Wenn ich zurück blicke, bin ich enttäuscht. Seit meiner Kindheit wollte ich Gutes, Vernünftiges  tun und bekam sehr oft Missachtung. 

Mit meiner Arbeit und den über 500 Botschaften auf Großflächen in ganz Deutschland habe ich mich eingesetzt für mehr Menschlichkeit, gegen Intoleranz, gegen Ausländerfeindschaft, gegen Waffen und Krieg, für Gerechtigkeit und für Natur und Umwelt. Ich wollte nicht in Museen, nicht in den kommerziellen Kunstbetrieb. Ich wollte zu den Menschen, auf die Straßen. Ich tat das zum Teil lange bevor der Mainstream diese Themen entdeckte, obwohl die Arbeiten überall in den Medien und über dreißigmal im Fernsehen zu sehen waren. 

Und? ALLES IST AUSNAHMSLOS SCHLIMMER GEWORDEN. 


Ist die Einsamkeit in den letzten 40 Jahren etwa weniger geworden?

Werden etwa weniger Ehen geschieden?

Eine Aktion in Kassel, documenta

Ist der Ausländerhass in den letzten 40 Jahren etwa weniger geworden?


Diese Aktionen machte ich zur Zeit der unsäglichen "Türkenwitze"






Wofür, fragt man dann am Ende. Totales Scheitern, denn man hat das ja nicht für sich selbst gemacht. Man wollte etwas ändern. Woran liegt es, das vieles technisch besser aber ethisch und moralisch alles schlechter geworden ist?

Sind die anderen immer stärker? Sind wir mit unsrem Widerstand schwach oder naiv?


Heute sitzen diese Leute im Bundestag, gegen die wir damals gekämpft haben und nie dachten, dass der Schoss so fruchtbar sein könnte

In den Sechzigern waren wir schon auf Demos gegen die NPD und ich machte Plakate. Heute haben wir Politiker im Bundestag, die man als Faschisten bezeichnen darf.


NPD-Plakat von 1065,
heute sitzt eine faschistoide Partei im Bundestag


Dem CSU-Politiker F.J. Strauß sollte nach eigenen Worten seine Hand abfallen, wenn er wieder ein Gewehr in die Hand nehmen würde. Später wurde er Verteidigungsminister.

Dem SPD-Politiker Sigmar Gabriel erschienen alle °Waffenexporte wie Völkermord.“ Als er Wirtschaftsminister war, erreichten die deutschen Waffenexporte absolute Rekordhöhen. 


Der Club of Rome skizzierte in seinem Zukunftsbericht eine Horrorwelt, wenn die Industrieländer so weiter machen. Die Industrieländer machten weiter und heute redet jeder über eine Klimakatastrophe und Kipp-Punkte, nach denen es nur in den Abgrund gehen kann. 

Es gab in den vergangenen Jahren 25 Klimakonferenzen und auch jetzt nach der 26. in Glasgow wird ALLES NUR SCHLIMMER. 




Wir schrieben vor 30 Jahren auf Großplakate „Das Auto bringt uns weiter - um!“ und wurden ausgelacht.



Vor über 40 Jahren versuchte ich auf Umweltgefahren und Gesundheitsrisiken im Verkehr wie beim Rauchen aufmerksam zu machen. Erst 20 Jahre später gab es Gesetze gegen das Rauchen, aber wir fahren millionenfach SUV, weil ja überall herumirrendes Wild und vermatschte Straßen sind. 

WER von uns hat WAS erreicht? Pflästerchen kleben?



Okay, die Arsenale der Atomwaffen auf der Welt sind kleiner geworden, weil die Regierungen vielleicht eingesehen haben, dass umgerechnet 4 Tonnen TNT pro Kopf der Erdbevölkerung zu viel und zu teuer sind. Die Hälfte reicht auch. Aber es gibt heute mehr Kriege und Gewalt auf der Welt als zu der Zeit, wo ich dieses Plakat machte.

Vor 70 Jahren wurden von der UN die Menschenrechte formuliert. Die Resolution unterschrieben fast alle Staaten, auch die, in denen heute überall Diktatoren die Menschenrechte mit Füßen treten


Gewalt, das ist ein Schlüsselbegriff. Niemals habe ich in einer gewaltlosen Zeit gelebt, auch nicht vor 40 oder 60 Jahren. In der demokratischen BRD und in der Kulturstadt Düsseldorf habe ich hundertfach Zensur erlitten. Auch das ist eine Form von Gewalt. Schreibtischtäter können viel mehr Schaden anrichten, als ein Einbrecher. Wenn immer wieder Polizei bei Kunstaktionen erscheinen muss, weil sie gerufen wurde, hat das mit Toleranz und einem friedlichen, demokratischen Zusammenleben nichts zu tun. 







Vielleicht bin ich dünnhäutig, aber ich bin schon schockiert, wenn ich Gewalt in der Sprache begegne: „SCHLACHTENbummler haben MORDsspaß.“ 

„BOMBER Müller ERSCHOSS die Kölner ABWEHR.“

„Gestern hab ich eine GEBUMST, GEHACKT!“ 



Und so weiter, und so weiter. Sprache ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern auch Ausdruck von Bewusstsein.


Buddha und Gandhi lehnten Gewalt ab. Geht das?

Dieser Frage werde ich in den nächsten Tagen nachgehen. Wer interessiert ist, kann mir lesend und kommentierend folgen.


Manfred Spies

16.11.2021


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