Seit über 100 Jahren gibt es diese Diskussionen, ob Kunst etwas mit Können, mit Kennen, mit Denken oder Verkaufen zu tun hat. Seit über hundert Jahren gibt es die Fotografie und besonders die Malerei hat sich anderen Dingen zugewandt, als der Abbildung der Realität.
Aber auch vor hundert Jahren ging es in allen Bereichen der Kunst darum, etwas hinter der abgebildeten Form zu vermitteln. Wenn der Betrachter angeregt, aufgeregt, berührt oder nachdenklich wurde, hatte der Künstler etwas erreicht. So wie bei Musik, kann das selbstverständlich auch bei einem abstrakten Bild geschehen.
Jeder Mensch hat unterschiedliches Wissen und unterschiedliche Erfahrungen, also auch unterschiedliche Bewertungen dessen, was er wahrnimmt. Was für den einen Kitsch ist, ist für den anderen Kunst.
Ich habe besonders hier in Thailand eine solche Menge an Bildern und Objekten gesehen, die ich als Kitsch bezeichne. Aber ich habe auch Bilder und Objekte gesehen, die mich bewegt haben, die meine Gefühle getroffen oder mein Denken beeinflusst haben. Und diese Bilder und Objekte findet man in keiner Galerie, keinem Museum und schon gar nicht auf dem internationalen Kunstmarkt.
Ein Beispiel: Ganz selten sah ich eine Figur, die eine solche Zufriedenheit, eine solche Ruhe ausstrahlte, wie diese Gartenplastik. Wie hat der "Bildhauer" das geschafft?! Viele in meinem Bekanntenkreis, die etwas mit Kreativität zu tun haben, werden den Kopf schütteln und lachen, wenn ich sage: DAS IST KUNST!
Wenn Auguste Rodin in seiner "Eva" die Scham und die Verzweiflung über ihre Tat und ihre Angst vor der Zukunft zum Ausdruck bringt, wenn wir die Arm- und Kopfbewegungen sehen und ihre Gefühle nachempfinden können, ist das FÜR MICH AUF DER GLEICHEN EBENE wie die wunderbare Gartenfigur. Nur ist der eine Macher unbekannt und der andere ist berühmt.
Rodin hat einmal gesagt, er "müsse ein Jahr reden, um eines seiner Werke in Worten zu wiederholen."
Ich kann und will diese vollkommen in sich ruhende Thai-Figur nicht beschreiben, weil ich es nicht kann. Sie ist einfach wunderbar.
Für mich sind KENNEN und VERKAUFEN keine Kunstkriterien. Die Bilder von van Gogh waren schon Kunst, bevor sie sein Bruder aus dem Keller holte, nachdem van Gogh gestorben war. Und wenn sie jetzt immer wertvoller werden, weil immer mehr Leute sie kennen und begehren, hat das mit Kunst überhaupt nichts zu tun.
Eine ehrliche, offene Debatte will keiner. |
23.Oktober 2019
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