Donnerstag, 14. Mai 2020

Manfred Spies - Ruhestörer



Fazit von Manfred Spies:
"Das Stadtmuseum schrieb mit zwei Tag nach dem RP-Artikel, dass ich die von mir benötigten Archivteile ausleihen kann. Das ist wunderbar. Für mich etwas störend bleibt der Eindruck, dass es ohne den medialen Druck nicht so schnell und so gut geklappt hätte. 
Es passt mir nicht, schon wieder in der Rolle eines möglichen Störenfrieds zu sein. Welchen Frieden störe ich, wenn ich nur höflich auf meinen Rechten bestehe?"

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Manfred Spies war schon immer ein Querdenker, der gerne aneckt und sich viele Feinde gemacht hat. Als Plakatkünstler provozierte er bewusst, wetterte gegen Kirche und Kunstmarkt, Ausländerfeindlichkeit und die Einschränkung von Meinungsfreiheit. 





Nach über 100 Zensurmaßnahmen fragt sich der Künstler bis heute, "Warum beschäftigen meine friedlichen Gedanken immer wieder die Polizei und Ordnungsorgane?"

Nach Mölln, Solingen usw.

Zur Zeit der Brandanschläge auf Ausländer-Wohnungen und Asylheime machte Spies eine deutsche Fahne mit Brandstellen in Form eines Hakenkreuzes. Die Polizei kam und kippte das Plakat um. Ein Staatsanwalt Dr. Ernst ermittelte. Spies schrieb: "Sehr geehrter Herr Dr. Ernst, das ist nicht Ihr Ernst! Karneval und der 1.April sind vorbei..." Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.


Diverse Ermittlungsverfahren und Prozesse (15) wurden gegen ihn angestrebt, er überstand alles schadlos. 1982 gründete Spies die Szenekneipe Tannenbaum an der Tannenstraße in Derendorf. Sie wurde schnell zu einem Ort für Kultur und Kommunikation, für Lesungen, Konzerte und Filmvorführungen. Prominente wie Klaus Staeck stellten im Tannenbaum aus, Dieter Nuhr, Volker Pispers, Jürgen Prochnow, Joseph Beuys und viele andere waren Gäste. An den Kneipen-Wänden hingen Originale von Beuys, Richter, Polke und Uecker. Und nicht zu vergessen die Wand und die Tafeln am Tresen, auf der Spies selbst seine „Denkanschläge“ hinterließ, „weil meine angemieteten Großflächenplakate dauernd zensiert wurden“, wie er rückblickend sagt. 

Selbst ein so gut gemeintes Plakat wurde von der Stadtverwaltung überklebt. Deshalb hatte Spies in seinem Lokal ein Plakatwand, auf der ihn niemand zensieren konnte.


Spies, inzwischen 79 Jahre alt, verkaufte die Kneipe 1998, lebt mittlerweile in Thailand, wo er fleißig in Blogs schreibt und sich einmischt aktuell ebenso schonungslos wie früher die Versäumnisse bei Corona in dem Land anprangert. 



In zwei Jahren, zum 40-Jährigen des Tannenbaums, möchte er eine große Dokumentation über die Kult-Kneipe erstellen. 
1982, lange leer stehendes Objekt an der Tannenstraße..
...wurde ab 15.April 1982 zum Treffpunkt von Kultur, Medien und Normalos.

Das gesamte Archiv mit Dokumenten, Fotos und Negativen schenkte Spies, verpackt in vier Umzugskartons, 2010 dem Stadtmuseum. Direktorin Susanne Anna bedankte sich in einem Schreiben, das Archiv bereichere und erweitere den Museumsbestand eminent. 


„Dort versprach man, alles so schnell wie möglich zu digitalisieren und zu archivieren. Das ist bis heute nicht geschehen, man weiß nicht einmal, wo die Kartons lagern“, sagte Spies Mitte April. Er mache sich vor allem Sorgen um die Farbnegative, die mit den Jahren bei unsachgemäßer Lagerung enorm an Qualität verlieren würden. 
Kurz darauf meldete sich ein Mitarbeiter des Stadtmuseums bei Spies und schlug ihm vor, einige sei- ner Fotos 2022 im „Geburtstagszimmer“ des Stadtmuseums zu zeigen. Doch der ausgewanderte Künstler ist wenig geneigt, darauf einzugehen. „Damals habe ich meine Denkanschläge hinter Stacheldraht im Stadtmuseum gezeigt. Das waren noch Zeiten!“ Eine noch sehr viel größere Ausstellung mit mehreren Düsseldorfer Künstlern in der Kunsthalle habe zu dieser Zeit sogar mehr als 26.000 Menschen angezogen. „Es war einer der größten Kunstskandale in Düsseldorf, da zwei CDU-Ratsherren wegen meines Objektes die politische Kripo geholt hatten.“ 
Insgesamt gesehen will Spies aber nicht viel Aufhebens um seine Person machen, es gehe ihm um die Dokumente, die Erinnerungen. Und er nennt ein Beispiel: „Als ich im Tannenbaum ein Fest veranstaltete, zu dem das Tragen irgendeiner Kopfbedeckung Bedingung war, kam Peter Thoms, der Schlagzeuger von Helge Schneider und ein Freund von mir, mit einem aufgetrennten und über den Kopf gestülpten Vogelkäfig, in den er einen kleinen Ventilator montiert hatte. Durch die Klappe des Käfigs trank er sein Bier. An solchen Verrücktheiten bin ich interessiet, nicht an einer Hängung in einem Geburtstagszimmer.“ 
Seine Idee ist es, die vier Umzugskartons in Düsseldorf in Empfang zu nehmen und entweder nach Thailand zu bringen oder in Düsseldorf zu bearbeiten – „auch wenn das ein halbes Jahr beanspruchen würde. Es soll eine Dokumentation entstehen, vielleicht als eBook. An einer Ausstellung im Stadtmuseum, die ich auch noch selbst bezahlen soll, bin ich jedenfalls nicht interessiert. Das wäre der Sache nicht angemessen“, stellt Spies klar. In seinem Archiv gebe es so viele Bilder von Festen, Veranstaltungen, die mit Texten, Anekdoten, Ärgernissen versehen werden müssten. „So war es damals Normalität, gerade bei den Ordnungsbehörden, dass man Genehmigungen nur gegen Zuwen- dungen bekam. Das habe ich fast als einziger Gastronom nicht akzeptiert. Einmal habe ich Leute vom Gesundheitsamt rausgeschmissen, mich beim Behördenleiter inklusive Zeugenaussagen beschwert. Die Leute wurden dann nach Garath versetzt“, erzählt Spies. So etwas zu erzählen, gehe nur in Buchform. 
Aus Sicht der Stadt stellt sich die Sachlage ein wenig anders dar. „Der Bestand der Schenkung wurde im Stadtmuseum fachgerecht magaziniert und befindet sich seither in der Sammlung des Museums“, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. Vor einigen Jahren sei auch mit der Aufarbeitung der Exponate von Manfred Spies begonnen worden. So seien zum Beispiel 180 Fotos digitalisiert worden. „Eine konkrete, mit der Schenkung verbundene Vereinbarung, die gesamten Negative zu digitalisieren, was mit einem hohen personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, besteht jedoch nicht“, sagt die Sprecherin. 
Die Anfrage von Spies bezüglich des Bestandes sei beim Stadtmuseum eingegangen und von diesem beantwortet worden. „Hierin wird Herrn Spies anlässlich des Jubiläums des Tannenbaums in zwei Jahren eine Ausstellung im Stadtmuseum vorgeschlagen. Im Rahmen dieser Ausstellung könnten weitere einzelne Exponate digitalisiert werden“, so die Stadtsprecherin. Darüber hinaus habe das Stadtmuseum Spies eingeladen, sich persönlich im Stadtmuseum ein Bild vom ordnungsgemäßen Zustand seiner Schenkung zu machen....Fortsetzung folgt – ganz bestimmt. (Marc Ingel)

(Der RP-Artikel enthielt etwas andere und viel weniger Fotos. Ergänzt wurde am 14.Mai 2020)








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