Sogar das Möbelhaus IKEA passt sich in Bangkok der kitschfreudigen Käuferschicht an und offeriert bunte Gartenlaternen, die sonst überall metallfaben angeboten werden.
Wenn ich mit dem Rad durch die Staßen unserer Pimpaka-Siedlung in Pakchong oder in die Berge der Umgebung fahre, sehe ich nicht nur bunte Häuser, sondern auch Farbenfrohes am Straßenrand. Thaimüll.
Zuerst dachte ich, so eine graue Straße oder so ein immergrüner Waldesrand sind für die Thai auf die Dauer langweilig. Da muss man hin und wieder bunte Akzente setzen, denn Tempel und Geisterhäuschen sind als Abwechslung schon ausreichend vorhanden.
Dann las ich im Internet, dass es angeblich mit der Freiheitsliebe der Thai zu tun hat. Sie machen, wass sie wollen, und selbst wenn es Regeln gibt, halten sie sich nicht daran, weil sie frei, frei, frei sein wollen. Da sitzen sie gut gelaunt auf den Pickups und futtern ihr Mitgebrachtes und saufen ihre Energie-Drinks oder Härteres und entsorgen alle Reste in noch besserer Laune in hohem Bogen auf die Straße oder deren Ränder. Thai-Freiheit, die sie meinen?
Herr „koratwerner“ schreibt in seinem Artikel über den Thai-Verkehr (ich meine jetzt den horizontalen auf Rädern) „Verkehrsregeln sind nämlich Theorie, die die Freiheitsliebe der Thailänder einschränkt“ und behauptet „da die Thailänder freiheitsliebende Menschen sind, gibt es ungeheuer viel Individualisten, die ohne Beachtung von Gebots- und Verbotsschildern, ohne Beachtung von Straßenmarkierungen und oft sogar von Ampeln, ihrem eigenen Fahrstil frönen.“
Freiheitsliebe finde ich prima, nur schade, dass 2013 an Songkran über 320 Thailänder aufgrund dieser Freiheitsliebe auch vom Erdendasein befreit wurden.
http://www.rundreise-thailand.info/songkran-fest-ist-vorbei-insgesamt-321-tote/
Dass die eigene Freiheit auch die Freiheit der Anderen berücksichtigen muss, (Mitmenschen, Familienangehörige, Kinder und Enkelkinder) geht den Thai total „am Arsch vorbei“, das weiss jeder Verkehrsteilnehmer. Gleiches gilt für die Umwelt.
Ich habe mich bei Ausländern umgehört und viel gelesen. Die Zustände werden beklagt. Mit „farbigen Tupfern“ am Straßenrand - wie ich naiv vermutete - hat es angeblich nichts zu tun, wenn die Thai alles Gebrauchte einfach fallen lassen. Vielmehr sind Bequemlichheit, Faulheit, und Rücksichtslosigkeit die Ursachen.
Selbst Friedhöfe (hier in Pakchong) gestalten die Thai gern etwas bunter. |
Da steht zwar eine Mülltonne, aber die ist immerhin zwei Meter entfernt |
Auch an diesem Rastplatz in Pimpaka scheint die Mülltonne zu weit weg zu sein. |
Donnerwetter! Harte Worte. Ich beobachte, schaue genauer hin in meiner kleinen Siedlung Pimpaka, die von Thai und von Ausländern bewohnt wird. Da finde ich erschreckend viel Dreck und achtlos weggeworfenen Müll, viel Bestätigung der zuerst von mir als Vorurteile angesehenen Beschreibungen.
Und nun mache ich mich ganz unbeliebt mit meiner Recherchen-Statistik: Vor den Farang-Häusern ist alles piccobello, der Müll liegt nur in den Umgebungen der Thai-Häuser.
Entsorgter Bauschutt der Arbeiter des Architekten Boo, der gern auf Versammlungen die Bewohner zur Sauberkeit und Müllbeseitigung ermahnt. |
Allerdings gibt es immer Ausnahmen. Unser neuer Nachbar zum Beispiel ist noch aufmerksamer als wir und fegt das wenige Laub mehrmals am Tag weg.
Ich sehe den Abfall auf Straßen und Rändern und vor allem um die Mülltonnen herum. Die neben den Tonnen abgestellten Beutel mit Resten von Lebensmitteln werden von Ratten und Hunden aufgerissen und auf den Straßen verteilt.
Die Kanalisation ist mit Müll verstopft und das beschert den Bewohnern in der Monsunzeit kühle Fußbäder.
Es stört mich ein wenig, in so einer Umgebung zu leben. Also fange ich an zu säubern.
Mit dem Riesenpaket von Gummihandschuhen aus Deutschland, einem großen Plastiksack und einem selbst gebastelten Müllpicker wandere ich morgens mit den Hunden durch die Straßen und reinige alles Erreichbare.
In die Wälder gehe ich nicht. Und wo die Bewohner eine eigene Mülldeponie zur Dekoration des Geländes angelegt haben, lasse ich alles in Frieden und "Freiheit" ruhen.
Mit einem Pimpaka-Straßenplan arbeite ich mich immer weiter vor.
An einer Stelle säuberte ich einen Straßenrand direkt neben Thai-Häusern. Sie hatten gegenüber drei große Tonnen zur Verfügung, aber der Straßenrand war völlig zugemüllt. Das ärgerte mich und ich räumte den Müll auf die Straße. Dort ließ ich ihn ein paar Stunden demonstrativ liegen. Danach kam er in die Tonnen.
Da an der Stelle eine zur Hälfte abgebrochene Mülltonne stand, setzte ich ersatzweise meinen großen Sack hinein. Einen neuen Sammelbehälter könnte ich mir morgen besorgen. Am folgenden Morgen packte mich die Wut. Ein armer Irrer oder ein armes Schwein hatte meinen Sack gebrauchen können und den ganzen Müll in der Umgebung entleert.
Die Enttäuschung löste sich in der Morgensonne der nächsten Tage auf,
als mir immer mehr MopedfahrerInnen und Autofahrer positive Verstärkung
durch Zurufe und Handzeichen gaben.
Ich traf einen erstaunten Nachbarn und sagte ihm, dass ich ein Jahr arbeiten
und warten will, ob sich etwas verändert. Wenn selbst vor den Häusern
von Thai-Lehrern private Müllberge liegen, kann man nicht erwarten, dass
Kindern Umweltbewusstsein vermittelt wird. Man muss Geduld haben und
nicht belehren wollen, nur ein Beispiel geben. Nicht nur meckern,
sondern machen.Kurz darauf sagte ich dem Nachbarn, dass ich wahrscheinlich nicht ein Jahr warten muss. Ich sehe jetzt schon sehr viel weniger achtlos weggeworfene Behälter und Tüten und um die Mülltonnen herum bleibt es relativ sauber.
Ärgerlich ist nur, dass man durch diese Schlamperei nach dem Leeren der Tonnen wieder mehr Arbeit um die Tonnen herum hat.
Wenn der Müllmann gar nicht kommt... |
...wird die Situation bei 40 Grad im Schatten gefährlich. |
Ich weiss auch, dass nicht nur wir den Müll ein wenig trennen und mehrere Tonnen aufgestellt haben um damit den Müllsammlern die Arbeit zu erleichtern und uns das Säubern nach dem Durchwühlen der Mülltonnen zu ersparen.
Im Fernsehen wurde berichtet über eine Großveranstaltung von Thai-Organisationen zusammen mit Greenpeace. Es ging um den Schutz der Umwelt und natürlich um Müll. Es tut sich ´was, die Regierung klärt auf, leider nur im roten Kanal.
Bis zur flächendeckenden Mülltrennung ist es ein weiter Weg - vor allem in den Köpfen der ThailänderInnen |
In unterhaltsamen Werbespots wirbt die Regierung für Müllvermeidung und Mülltrennung. Das ist sehr löblich aber sicher ein langer Weg in einem Land, das angeblich täglich über 150 Millionen Plastkbeutel verbraucht und nie gelernt hat, sich über Ursache und Wirkung Gedanken zu machen.
Luck kommentierte einen Artikel über Thai-Müll im Internet:
„Sehr guter Artikel!
Ich bin Thailänderin und mir einem kritischen (kein Öko-Freak!) deutschen Mann verheiratet, der vor zwei Jahren mit einem Eimer Wasser in den Garten gerannt kam, als ich das Laub, Papier und allen Plastikmüll verbrannte. Niemals hatte ich in den Medien gehört, dass ich in dieser Weise mich und die Umwelt vergiftete. Daher sind alle Argumente in diesem Artikel wichtig.
Heute noch, aber vielleicht nicht mehr lange, wird mein Mann belächelt, wenn er bei uns in Pakchong-Pimpaka seit Wochen mit Handschuhen und einem selbst gebauten Picker den Müll von den Straßen und Waldrändern sammelt, inzwischen über 30 große Säcke. Aber er sagt, es gibt auch Lob und in Deutschland hat es eine Generation gedauert, bis eine Einsicht stattfand und und es hat mehr als zwei Generationen gedauert, bis selbst die Konservativen merkelten, dass man mit Umweltbewußtsein Politik machen kann.“
Links zum Thema:
Link: Dreck-Weg-Tag in Pattaya
http://www.wochenblitz.com/nachrichten/pattaya/38123-dutzende-freiwillige-beteiligen-sich-an-qsongkran-grossreinemach-aktionq-.html#contenttxt
Link: Allgemeiner Thai-Müll-Artikel
http://www.thailandblick.com/Seiten/thailaender-umweltbewusstsein.html
Link: Ahnlicher Artikel von Luck kommentiert
http://www.thaizeit.de/thailand-themen/news/artikel/thailand-erstickt-im-plastikmuell.html
Manfred Spies
Pakchong, 30.4.2013