Freitag, 19. April 2019

Thailand- die letzte Ruhe?

Fast immer kommt es anders. 
Im Geburtsort von Luck - Buriram - starb vor vier Tagen ein Verwandter. Familienmitglieder auch aus Südthailand reisten an zur Trauerfeier und Einäscherung. Als sie danach ins Flugzeug, in die Züge, Busse und Autos gestiegen waren, starb nebenan in Buriram die Schwägerin von Luck. Nun müssen alle noch einmal anreisen und Luck ist auch das Wochenende weg. Ich kann ja nicht mitkommen (und will es auch nicht), weil ja niemand hier ist, der sich um die Hunde kümmert.

Die Schwägerin war 21 Jahre jünger als ich. Der kleine Bruder von Luck ist schon lange tot. Er war der Einzige, der die Farmen der Eltern erben und bearbeiten wollte. Aber er war auch lebenslustig, sorglos und rauchte mehr als der Schlot bei seiner Verbrennung.


Frage: Wie wird man um mich trauern?
Frage: Soll man die Asche ins Meer streuen? Wird jemand meinen Gedenkstein pflegen?
In meinem Alter hat man nicht nur die "Hälte seines Lebens" hinter sich. Wenn man kein Feind, kein Verleumder des Todes ist, beschäftigt man sich mit ihm, wie mit einem höflichen aber etwas rätselhaften Nachbarn. Wann kommt er? Wie wird es sein, wenn er nicht wieder weggeht? Was ist danach, verdammt noch mal!? Viele glauben irgend etwas seit tausenden Jahren Menschheitsgeschichte, aber keiner weiss Genaues. 
Ob Zurückbleibende trauern, wie viele es sind und ob sie sich um Geld, Möbel, Bilder, Bücher und Antiquitäten streiten, wenn der Rauch des Schornsteins noch nicht ganz weg geweht ist, wird bei solchen Fragen nebensächlich.



Der Tod ist in meinem Leben ein Kumpel geworden. Er stand so oft neben mir, legte die Hand auf meinem Arm, nahm eine Erfrischung, die ich ihm anbot - mal ein eiskaltes Wasser, mal einen  Schnaps - und ging ernst wieder weg. Niemals kam er, weil ich krank war. 



Mal stand er im Garten in Clausthal-Zellerfeld, als ich eine Rasierklinge einen Millimeter neben meiner Pulsader stecken hatte. Polnische Plünderer hatten die Klingen verärgert in die Kinderbetten geworfen, weil sie nichts zum Mitnehmen fanden; mal sah er zu, wie ich das Gewehr eines Grenzschützers im Rücken hatte; mal lag ich in Düsseldorf unter der Straßenbahn Linie 7; mal wurde ich in Naxos vor dem Ertrinken gerettet; mal lag ich bewusstlos mit einer Hypoglykämie einsam abends am kubanischen Strand, mal kam mir ein Geisterfahrer entgegen und ich landete nicht an sondern neben einem Baum.

Als das zum fünften Mal geschah, änderte ich mein Leben, verkaufte den Betrieb und arbeitete für Hilfswerke. Ich dachte, ich sollte etwas zurück geben.

Aber das ist schon lange her und es hat sich viel Neues ereignet. Ich weiss, dass der Tod jetzt immer in meiner Nähe ist. Wir reden manchmal miteinander, obwohl wir uns nicht sehen.



Freitag, 19. April 2019
Manfred Spies

Sonntag, 14. April 2019

Thailand-Songkran, Teil 1: traditionell (wie bei uns)

Songkran ist das traditionelle Neujahrsfest in Thailand. Es ist kein buddhistisches oder religiöses Fest, sondern geht zurück auf den thailändischen Mondkalender. Heutzutage ist Songkran auf den 13. bis 15. April datiert. 
Das Wort ‚Songkran‘ ist aus dem Sanskrit abgeleitet (saṅkrānti).und bedeutet „Übergang“. Am Vorabend dieses Übergangs in ein neues Jahr wird eine Art Hausputz veranstaltet. Das wurde dann mythologisch unterfüttert mit  „Man darf keinen Unrat mit ins neue Jahr nehmen, das bringt Unglück“. Vernunft allein schafft keine Sauberkeit, der Glaube versetzt auch Berge von Hausmüll.




Gleichzeitig ist Songkran ein Fest der Liebe und der Familie. An diesen Tagen bezeugen die Jüngeren den Älteren ihren Respekt.
Junge Leute besuchen Familienmitglieder der älteren Generation, um ihnen Achtung zu erweisen, indem kleine Mengen von Wasser über ihre Hände gegossen werden. Das Wasser wurde vorher mit Jasmin-Blüten versetzt, um es wohlriechend zu machen. Auch Kopf und Körper werden mit Jasmin.Wasser benetzt.



2019 hatte meine Frau Blütenketten geflochten und die Wassergefäße waren ganz traditionell


Die gleiche Ehre wird auch den Mönchen in den Klöstern (thai: Wat) verliehen und von fremden, freundlichen Menschen an Straßenrändern entgegen genommen.

Foto von Wikipedia aus dem Wat Kungthapao


Auch für einen modernen Menschen sind solche Traditionen und Rituale als Zeichen von Zugewandtheit, Respekt und Nähe etwas sehr Angenehmes.

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An den Songkran-Tagen trifft sich die Familie, es wird mit viel Spaß gefeiert und alle kochen und essen zusammen.



Je später der Abend, desto ausgelassener die Gäste

Je später der Abend, desto ausgelassener die Gäste

Je später der Abend, desto ausgelassener die Gäste
später holten wir die venezianischen Masken raus und es gab einen Geistertanz

Am anderen Morgen krabbelte man aus Betten und Zelten und traf sich bei einem reichhaltigen Frühstück




Natürlich ging es am Abend mit neuen Köstlichkeiten und ausgelassener Stimmung weiter....

...und die Songkran-Feiern endeten mit dem Hochsteigen eines riesigen Ballons.....

...mit dem gute Wünsche und Hoffnungen zu den Geistern und Göttern geschickt wurden.


Wir wünschen allen, die uns hier besuchten, ein gesundes, sicheres und fröhliches neues Thai-Jahr.

Wilailuck Lakkhamphan und Manfred Spies, 13. April 2019

Thailand Songkran: Deutsche Diplomaten neben der Spur?


Thailand Songkran 13.-15.4.2019


Das thailändische Neujahr ist traditionell ein Fest der Liebe und der Familie. An diesen Tagen bezeugen die Jüngeren den Älteren ihren Respekt. Wasser spielt eine Rolle, wenn es mit Jasminblüten über die Hände der Älteren gegossen wird. (s. Wikipedia)
Viele Thailänder und auch Ausländer beklagen, dass heute eine Spaßgesellschaft Songkran zu Wasserschlachten verkommen lässt. Mit Eimern, Schläuchen, Kanonen und Pump-Guns werden auf allen Straßen alle mit Wasser beschossen. Es gibt nicht nur Wasser, sondern viel Alkohol und hunderte Tote und zigtausend Verletzte im Straßenverkehr.

Wie sich die deutschen Diplomaten in Bangkok daran beteiligen, ist das nicht mehr spaßig. Eimer ginge noch, vielleicht sogar in den deutschen Farben, aber mit Gewehren und Pistolen auf Polizisten zielen ist auch mit Wassermunition unwürdig, um es ganz milde auszudrücken. (s. Video der Deutschen Botschaft BKK)

Was wäre, wenn sie mit Gefäßen voll duftendem Wasser in Armenvierteln alten Thai die Hände gewaschen hätten? Weltweite Aufmerksamkeit und Hochachtung hätten sie ernten können. Aber sie hatte eine andere Idee:



Die deutschen Diplomaten in Bangkok vertreten uns alle, besonders die hier lebenden Deutschen. Ich protestiere.

Manfred Spies, 14.4.2019

traditionelles Songkran, macht auch Spaß

traditionelles Songkran, macht auch Spaß

deutsche Diplomaten in Bangkok in ihrem Video

deutsche Diplomaten in Bangkok in ihrem Video

Samstag, 6. April 2019

Bilder aus dem Thai-Dorf

Nachdem die Verletzungen meiner diversen Stürze verheilt waren, bestieg ich an einem schönen Sonntag endlich wieder das Rad, um eine Tour in die umliegenden Dörfer zu machen. Schon lange hatte ich nicht mehr für meine Lieblingsalben Fenster, Türen und Mauer-Stillleben fotografiert. 
Seit 40 Jahren bin ich in allen Ländern zu diesen Themen auf Entdeckungsreise. Fenster und Türen haben für mich Symbolcharakter. Man schaut und geht rein und raus, und die Öffnungen für Licht und Blicke und die Türen, Tore und Portale sind mehr als nur Löcher in Wänden. 

Griechenland 1970
Griechenland 1974
Griechenland 1973 
Lindow/Mark 2017
Dresden 1986
Thailand 2009
Thailand 2013
Kairo 1996
Kairo 1996
Portugal 2001
Portugal 2001
Ronchamp 2004
Ronchamp 2004
Thailand 2018
Thailand 2018
Und die „Wandbilder“ und „Stillleben“ faszinieren mich wie abstrakte Kompositionen. Wer kein Interesse an Strukturen hat und wem Bilder z.B. von Robert Rauschenberg völlig unbekannt sind, wird meine Fotos wahrscheinlich als Schrottbilder abtun. Okay. Interessen sin zum Glück verschieden.

Mauer in Holland 1968
Mauer in Kairo 1999
Stillleben in Griechenland 1970
Stillleben in Thailand 2018
Stillleben in Thailand 2019


Aber bei einem Besuch der Dörfer entdeckt man sowieso viel Neues und hat Kontakt mit den Menschen. Manchmal sind sie anfangs scheu und skeptisch. Aber wenn ich mich zuerst z.B. für ihre Katzen interessierte, sind die Herzen schnell offen.




Am Ende konnte ich dann auch ein Foto eines typischen Wohnhofes auf dem Dorf machen.

Blumenbinder 
wunderbares Portrait des Blumenbinders
Junger Dorfbewohner 
Junger Dorfbewohner dankbar
Dorfbewohner, der mit stolz seine Tatoos zeigte


In so einem Dorf kann man manchmal nicht genau erkennen, ob dort arme oder reiche Thai wohnen. In ärmlich erscheinenden Häusern leben oft Familien mit riesigem Landbesitz.....


....und andere, die nebenan im gleichen Dorf wohnen, zeigen ihren Wohlstand.


Nebenbei erfuhr ich, dass die Straßen für die Müllwagen an vielen Stellen zu eng sind. Der Bürgermeister hat für eine Sammelstelle an einem zentralen Punkt gesorgt. Doch das ist mit der Tradition des „Einfach Wegwerfen“ und der Bequemlichkeit nicht kompatibel. Die Straßenränder sind schmutzig und die Tonnen sind relativ leer. 



In Dörfern mit Sehenswürdigkeiten und einem charismatischen Bürgermeister ist das anders. Ich habe noch nie in unserer weiteren Umgebung ein so schönes und sauberes Dorf gesehen, wie das Seidenweberdorf in unserer Nähe. „Wir machen wunderschöne Seide nach uralter Tradition. Dazu passt kein Schmutz. Jeder säubert vor seinem Grundstück. Das ist schön für uns und für die Touristen“, sagte der Bürgermeister und es funktionierte!




Wo ich in den Dörfern herum radelte gibt es keinen Tourismus. Aber Fenster, Türen und Stillleben. Ich war begeistert. Das etwas Brüchige, Morbide, Chaotische ist mein Thema neben dem Chic.








Das hier alles zu zeigen, wäre vielleicht für manche Leser*Innen langweilig. Irgendwann mache ich mal einen Blog-Artikel mit Alben von Fenstern, Türen und Stillleben aus meinem Archiv.

Nachdem ich etwa zwei Stunden herum gefahren war, wollte ich zurück zu einer der Hauptstraßen, um von da aus nach Hause zu kommen. Es war Mittag und mein Blutzucker sackte trotz der Einnahme von Dextro ab. 
Meine Orientierung war schlecht, ich fuhr anscheinend im Kreis. Eine alte Frau, die vor dem Haus Kräuter zupfte, stand auf und kam langsam auf den seltsam erscheinenden Farang zu. Ich verstand sie nicht. Sie sah mich an, wurde unruhig und holte ihre Enkelin. Die junge Frau hörte „Diabetes“ und begriff sofort. Ich sollte mich setzen und bekam eine Dose Cola. ZackBum ging es mir gut. 

Ich erzählte, wo ich wohne und fragte, wie ich dorthin zurück finde. Die junge Frau lachte und sagte, „That´s far away, follow me.“ Sie stieg auf ihr Moped und fuhr langsam vor mir her. Ich merkte mir jede Abzweigung und jede Kreuzung. Zuhause bat ich sie herein und gab ihr einen kalten Saft. Dann wollte sie wieder schnell nach Hause, um für ihre Eltern Besorgungen zu machen.

Nach dem Essen packte ich ein paar Geschenke auch für die Kinder ein und fuhr mit dem Auto zu diesen hilfsbereiten Dorfbewohnern. Die Freunde war diesmal groß bei ihnen.

Schön, mal wieder eine sooo freundliche Familie kennen gelernt zu haben!


Da der Tag so wunderbar verlaufen war, hielt ich an einem Lottostand. Was in all den Jahren noch nie der Fall war: 
Ich fand ein Los mit meinem Geburtsdatum.



Manfred Spies, 
geschrieben am 6. März 2019