Montag, 13. September 2010

Thailand-Verkehr: Buddhas Alptraum

Wenn ein Niederländer, der mit seinem Gazelle-Rad gemütlich und gesund seine Touren zu machen gewohnt ist, nach Thailand kommt und glaubt, ebenso im Land der Lächler locker und langsam Land und Leute kennenlernen zu können, erlebt er wahrlich einen Kulturschock. 
Radwege findet er vereinzelt nur in Bangkok in der Nähe des Lumpini-Parks, Benutzer auf zwei Rädern ohne Motor sucht er vergebens. Vielleicht ist es in Thailand zu heiss für zu viel Bewegung, vielleicht sind die Thai zu bequem oder zu technikversessen, vielleicht erscheint ihnen die Fortbewegung mit eigener Kraft rückschrittlich oder entspricht nicht ihrer Vorstellung von „sanuk“ - einem der wichtigsten Worte im Thai-Wortschatz: es bedeutet Spaß. Ohne Spaß ist das Leben sinnlos..... Jedenfalls fliegt der Holländer sofort wieder heim.

In unserer kleinen Stadt mit etwa 175.000 Einwohnern scheint es mindestens ebenso viele Mopeds zu geben. Deren Lenker sind die Könige der Strassen und dürfen alles: Aufgemotzte Motoren? Warum nicht! Überhöhte Geschwindigkeit? Macht Spaß! Starten ohne Blick in den Rückspiegel? Immer! Fahren in die falsche Richtung? Spart Zeit! Ohne Licht? Spart Sprit! Auf dem Bürgersteig? Khrap! Preschen durch die Fußgängerzonen der Markthallen? Nä non khrap! 
Wenn ich meinen Thai-Freunden Fahrrad-Parkplätze aus Eindhoven oder vom Uni-Parkplatz in Köln zeige, halten sie die Bilder für historische Dokumente oder Zeugnisse aus einer anderen Welt - natürlich einer unterentwickelten. Wie schön und modern ist doch dagegen das Foto vom Parkplatz der Uni in Udon Thani!

Fahrrad-Parkplatz in Köln, Uni
Mopedparkplatz in Bangkok, Uni


Ich habe mir ein Warnsignal für mein Rad in Thailand gekauft. In Deutschland sind diese Laufklingeln schon lange verboten.

Ob ich mich damit in Thailand bemerkbar machen kann, muss ich testen. In Thailand ist alles extrem laut.  Das steht zwar in keinem Reiseführer, aber es ist eine furchtbare Tatsache. Wer ein Familienfest feiert, baut in seinem Garten Lautsprechertürme auf, als wolle er eine Woodstock-Reprise veranstalten. In Pak Chong habe ich bei einem HiFi-Händler einen mit 18 Lautsprechern bewaffneten Pkw gesehen. Die Dinger waren im Heck, an der Decke, im Boden, unter den Armaturen und in den Türen, angeblich inclusive der Anlage fast teurer als der Wagen selbst.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Verkehrslärm in Thailand zur sofortigen Flucht ermuntert. Anscheinend sind die Auspuffkonstruktionen anders als in Europa: die Fahrzeuge machen teils satt-röchelnde, teils lärmend-dröhnende oder schrill-bellende Geräusche. Die Exkremente sind entsprechend. Asthma, Allergie, Rhinopathie und Bronchitis lassen grüßen.

Was würde wohl Buddha seinen Schäflein sagen, die alle so gläubig zu ihm beten, ihre Tempelchen zu Hause haben und doch anscheinend  die Regeln der vier edlen Wahrheiten und des achtfachen Weges nicht kennen. Thailänder sind extrem auf den äußeren Schein bedacht, sind Angeber vor dem Erleuchteten und innere Werte interessieren nicht.

                    
Selbstverständlich wird auch auf dem Bürgersteig gefahren und geparkt. Jeder Schritt zu Fuß ist doch unbequem, macht keinen Spaß.

In der Markthalle wird zu jeder Tageszeit auch motorisiert eingekauft.

Ich möchte hier einmal typische Verkehrsmittel aus Thailand vorstellen. Da haben wir zuerst das beschriebene Moped in kreativer Ausstattung und Nutzung..

           

Es dient nicht nur zum Waren-,  sondern auch zum Personen-Transport. Sind mehr als drei Personen zu befördern, benutzt man das vorne zum Bus erweiterte Moped. 

Will man am Wochenende eine bequeme Reise unternehmen und vielleicht auch noch Tisch, Stühle und Grill transportieren, empfiehlt sich der Pickup. 


Natürlich gibt es auch in Thailand eine Straßenverkehrsordnung. Na und? Nur wenn am Wochenende die sehr schlecht bezahlten Polizisten etwas Geld für ein Familienfest oder den Einkauf brauchen, werden Protokolle geschrieben. Dann hätte auch der LKW-Fahrer mit der Überladung ein Problem. Übrigens sind die Polizisten nicht nur schlecht bezahlt, sondern auch in hohem Maße gesundheitlichen Risiken ausgesetzt.


             
Der öffentliche Personentransport wird mit sehr unterschiedlichen Mitteln zu sehr unterschiedlichen Preisen bewältigt. Es gibt moderne, klimatisierte Busse, ähnlich den wild bemalten Reisebussen. Kleinere, öffentliche Busse unterschiedlicher Gesellschaften, sowie klimatisierte Taxis - meist in der von Thais sehr geschätzten Farbe Pink - sowie die berühmten Dreirad-Tuk Tuks transportieren für weniger Geld die meisten Fahrgäste. 

    
             
Privatunternehmer befördern mit sehr unterschiedlichen, eigenen Fahrzeugen, die sie umgebaut haben.  

   
              
              
Da die Thais alles sehr gelassen nehmen, ist auch eine Buspanne mitten auf der Kreuzung der Hauptstraße kein Problem. Abgeschleppt wird nicht, sondern an Ort und Stelle repariert. Ärgerlicher Stau in beiden Richtungen? "Das ist doch normal, das ist das Leben", sagt meine Frau dann immer.


Nun möchte ich am Ende noch etwas sehr Schönes, Kommunikatives und Komisches zeigen. Das gibt es allerdings nur in Urlaubsorten der Thais, meist am Meer. Da in Thailand die Familien groß sind und man alles gern zusammen macht, gibt es Tandems für bis zu fünf Personen. Das würde nun auch unseren Holländer freuen! Und Buddha ist zufrieden.


              
Bis zum nächsten Mal mit einem anderen Thema oder - hoffentlich - mit neuen Bau-Entwicklungen unserer Hütte in Pimpaka / Pak Chong. Aber erst sind wir für ein paar Tage in Venedig, der Traumstadt meiner Frau Luck seit ihrer Kindheit. Tatsächlich! Man muss nicht glauben, dass die Thais keine Ahnung von Europa haben, nur weil sie manchmal ungern über den Horizont ihrer Reisschüssel hinausschauen und z.B. europäisches Essen strickt ablehnen. Zumindest die meisten.

Grüße und Khop khun khrap von
Manfred
13. September 2010






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