...Trotz der warmen, fast windstillen Nacht keine Moskitos. Wie ein hohes, schwarzes Gewölbe der Himmel mit unzähligen, verstreut angeklebten Lichtpunkten. Der Mond kommt spät.
Auf der Bühne am Pool beginnt die allabendliche Thaipop und Karaoke-Show. In schwarze Anzüge gesteckte Jünglinge bewegen sich weich zu ihren Kastratenstimmchen und thaimäßig grellbunt gekleidete Teenies piepsen in die Mikrophone. Als der Transvestit, der viel Busen und eine phantastische Figur zeigt, mit tiefer Samtstimme seinen Song startet, gerät das Publikum außer Kontrolle.
Neugierig schließe ich die Terrassentüre meines Hotelzimmers und gehe runter nach draußen an die Bar. Ich bestelle einen "Presidente-Cocktail" und der Keeper grinst. Er scheint mit dem Ausgang der Polit-Wahl und mit meiner Wahl zufrieden zu sein. Entspannt nippe ich und es schmeckt tatsächlich nach Rum, was an thailändischen Bars bei den Alkoholpreisen im Land des Lächelns selten ist.
Außerhalb der Reichweite, die eine zivilisierte Barkommunikation möglich machen würde, nuckelt eine jenseits des Twenalters zu kategorisierende Dame an ihrem Cocktail. Sie ist schlank, fast zierlich, wirkt aber sportlich. Um das, was an ihrem Körper noch wahrlich mädchenhaft geblieben ist mit Ausrufezeichen zu versehen, trägt sie weiße, hohe Turnschuhe, einen roten, dünnen Minirock und hat ihr ausgeschnittenes T-Shirt vorn zusammengeknotet.
Langsam dreht sie sich von der Bar zur Tanzfläche, stützt sich mit dem linken Unterarm am Tresenbrett auf, das rechte, durchgedrückte Bein wird Standbein und präsentiert sehr hübsch die Oberschenkelmuskulatur, während ihre Zunge mit dem Strohhalm ihres Cocktailglases spielt und sie mir über die rechte Schulter in Zeitlupe den Blick zuwendet. Richtiger ist, daß sie mein Kleidungsstück fixiert, eine ägyptische Djalabeia aus leichtem, schwarz-grau gestreiftem Stoff, der bequem und weit von den Schultern bis auf die Füße reicht, ohne daß ein einengender Gürtel den geraden Fall stört. Der Versuch, ihren Blick zu treffen, scheitert, weil sie woanders auf der Suche ist. Da ihre mäandernden Augen offenbar nichts Befriedigenden finden, bewegt sie sich lässig in meine Richtung und stellt frivol die übliche Frage: "Hast du da ´was drunter?" Sie erhält die übliche, im Normalfall die Konversation abschließende Antwort. "Zeigst du´s mir, dann zeig ich´s dir."
Ich bin vollkommen geplättet, als sie mir das Glas aus der Hand nimmt und sagt: "Okay, gehen wir ans Wasser." Natürlich meint sie nicht den Pool vor unseren und der Anderen Augen.
An Strand nimmt sie mich in die Arme und beantwortet mit einem leichten Streicheln meines Rückens unterhalb der Gürtellinie ihre Bar-Frage selbst. Erfreut, in befriedigender Weise fündig geworden zu sein, hebt sie mein Gewand, ohne in der Dunkelheit etwas erkennen zu können. Völlig unaufgeregt ertastet sie Erregtes. Zufrieden entledigt sie sich sachgerecht ihrer wenigen Wäsche, sagt wieder "Okay" und unterbreitet mir ihr Angebot, indem sie sich in einen dieser verstellbaren Plastik-Liegestühle legt und ihre Beine über die niedrigen Armlehnen plaziert.
Vielleicht bin ich zu verklemmt oder zu verblüfft, um meinerseits mit einem anerkennenden "Okay" den Austausch von Begutachtungen zu beenden.
Ich mußte, um meiner unverhofften Barbekanntschaft und mir die erwünschte Freude verschaffen zu können, in einer Art Zweidrittelkniebeugenstellung tätig werden. Das war erheblich anstrengender und kräfteraubender, als die Sache an sich. Ich weiß nicht, wie anstrengend oder zufriedenstellend es für sie war. Erinnern kann ich mich, daß wir danach lange redend, lachend, und küssend nebeneinander im Sand lagen, und es darauf gar nicht mehr ankam. Sie hieß Suchin und kam aus Hua Hin...
© Manfred Spies
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