Samstag, 1. Juni 2013

Thailand Umwelt: Der Müll 3

Aufgrund der Müll-Artikel im Blog schrieb mir ein Nachbar aus unserer Siedlung:

„....Ich lese euren Blog regelmäßig und es ist immer interessant. Vieles erinnert mich an meine ersten Jahre hier in Thailand, ich habe ähnliche Erfahrungen und Erkenntnisse gehabt....Und in diesen vielen Jahren hat man dann doch viel gelernt und leider auch viele gut gemeinte Versuche aufgegeben, weil ich schon vor vielen Jahren zu der Erkenntnis gekommen bin, dass sich hier nichts ändern und auch nicht dazu gelernt wird. Da war dann anfangs Frustration und später hat sich dann sogar Gleichgültigkeit eingestellt....“

Da ich es schade finde, wenn man resigniert - was teilweise verständlich ist - und sich enttäuscht zurück zieht, wollte ich ihn ein wenig aufmundern und antwortete:

„Ich glaube dir gern, dass du anfangs auch Ideen und Engagement hattest, aber ich finde es schade, wenn das in Resignation und Gleichgültigkeit endet. Glaube mir, alle in meiner Umgebung - die Thai eingeschlossen - haben mir immer wieder gesagt: Das hat keinen Zweck, das ist so in Thailand, damit musst du dich abfinden, das kann man nicht ändern usw. usw.. Aber heute lebe ich so, wie ich es mir vorgestellt habe, in einem Haus nach genau meinen Vorstellungen und Ansprüchen, weil ich mich nicht mit dem abgefunden habe, was andere als unabänderlich bezeichneten. Vielleicht haben sie sich nie gewehrt, haben den Arsch zusammen gekniffen und sind heute weit davon entfernt, so zufrieden zu sein, wie wir es sind.

Das Gleiche gilt für die Situation in unserer Siedlung. Aus unserem Blog kennst du die schrecklichen Müll-Fotos und du weisst aus eigener, langjähriger Erfahrung um die "Wegwerfgesellschaft" der Thai. Da fühlte ich mich einfach nicht mehr wohl auf unseren Straßen.
Meckern? Kritisieren? Die Thailänder als rücksichtslose Ferkel beschimpfen? Das ist bei denen, die es betrifft vielleicht gerechtfertigt, weil Gutmütigkeit hilft da in Einzelfällen sowieso nicht.  Aber damit ändert man nichts. Also habe ich angefangen, den Dreck einzusammeln und wurde immer professioneller als "Müllfred". (Für das Abstreifen der mit dem Picker aufgenommenen Gegenstände habe ich mir einen speziellen Henkel an den Eimer gemacht.)
Aufgepickter Müll kann ohne Handberührung abgestreift werden


Die Leute haben mich beim Sammeln lächeln sehen, haben immer freundlich gegrüßt,  und ich habe der Lehrern an der Schule oder den Mopedfahrern, die mich gelobt haben, erklärt, warum ich das mache. Ich habe an ihre eigenen Kinder und Enkel erinnert, die auf einer Müllkippe leben werden, wenn es so weiter geht.

Schwimmunterricht am Meer - unsere schöne, zukünftige Welt?

Böse oder ärgerlich habe ich nicht mehr reagiert, obwohl mir manchmal danach zumute war. Nur einmal war ich sauer.
Die Arbeiter auf einem vorbei fahrenden Pickup warfen mir lachend ihren Plastikmüll vom Frühstück und die Plastikbecher auf die Straße. Blitzschnell habe ich meine Hose runter gezogen und ihnen meinen nackten Arsch gezeigt und mit dem Stinkefinger ihnen gewunken. Das war aber nur eine einmalige Situation.

Jetzt gehe ich nur noch selten mit Picker und Eimer durch die Straßen. Nicht mehr nötig. Einem Nachbarn, der anfangs immer sagte "geht nicht" und "du kannst in Thailand nichts ändern", habe ich einen Rundgang am Anfang eines Tages durch unsere Straßen angeboten. Er sollte für jede frische Plastiktüte, für jeden weggeworfenen Becher oder jede Flasche, für jede Styropor-Schale und für jede Plastikverpackung auf den Straßen von Pimpaka 5 Baht bekommen. Suchen darf er aber nur auf den Straßen und deren unmittelbaren Rändern, nicht im Wald usw.. Und ausgenommen habe ich auch die Umgebung von zwei Thai-Häusern, deren Bewohner offensichtlich im Slum aufgewachsen sind. Dort habe auch ich nach drei Monaten resigniert. Lass sie leben wie immer.
Wenn der Nachbar beim Rundgang Müll für 100,- Baht findet, bekommt er von mir noch 1000,- Baht extra. Wenn er weniger als für 100,- Baht findet, bekomme ich nur 250,- Baht von ihm. Von meinem leicht verdienten Geld haben wir mittags lecker gegessen.

Was will ich damit sagen? Die Thai können sich ändern. Sie folgen guten Beispielen. Nicht alle, aber viele. Schau dir bitte die Fotos um die Mülltonnen herum an, die ich vor wenigen Monaten gemacht habe. Das siehst du heute nirgends. Die Straßen sind sauber, die Thai kehren zum Teil vor ihren Grundstücken und gegenüber selbst. Die Lehrer begrüßen mich herzlich und haben mich eingeladen, in der Schule etwas über Umwelt zu erzählen. Das finde ich toll, bin aber skeptisch, was Absichtserklärungen angeht, denn da muss man vorher auch den Schuldirektor überzeugen. One step by another.

Ich schreibe dir das, weil ich mit meinen 72 Jahren hier etwas Wichtiges gelernt habe: Geduld. Bei Diskussionen mit Farangs kannst du frei reden und auch wüst kritisieren. Bei Thai ist erst einmal Lächeln und Verständnis angesagt. Sonst macht man alles kaputt.
Die Lehrerin, die in der Parallelstraße von dir wohnt, hat sich für den Dreck entschuldigt, den die Kinder wegwerfen und den ich vor der Schule aufsammle. Ich habe ihr gesagt, dass das mein Hobby ist :-) und sie gefragt, wann und von wem die Kinder denn gelernt haben, nicht einfach alles fallen zu lassen. Jetzt hat sie mit den Kindern mehrfach in der Schule über Umwelt geredet. Also geht es doch. Und das in so kurzer Zeit.
(Nachtrag im Oktober 2013: Schon seit langer Zeit sprechen alle Lehrer mit den Kindern über die Folgen der Umweltverschmutzung und benutzen auch meinen großen, doppelseitig mit vielen Bildern bedruckten Info-Prospekt in thailändischer Sprache. Die Schüler säubern mit Eimern im Wechsel jede Woche die ganze Umgebung der Schule. Das ist ein Erfolg.)

Natürlich wäre es toll, wenn man mit den Kindern interaktiv arbeiten könnte, wenn sie im wahrsten Sinne "spielerisch" die Probleme sehen und Lösungen lernen würden. Und später müsste man die Politiker von der auch ökonomischen Wichtigkeit einer sauberen Stadt überzeugen. Investoren, Häuslebauer und Touristen werden in Zukunft andere Qualitäten suchen. Was heute noch hingenommen wird, ist schon bald nicht mehr möglich. So etwas nennt man Stadtmarketing und ich habe es in meiner früheren Tätigkeit als freier CD in der Werbung oft konzipiert und verkauft.
Das geht langsam, aber ich bin sicher, es geht. Wenn du mir nach so viel Thailand-Erfahrung Tips geben kannst, bin ich dankbar. Auch andere würde ich gern mit ins Boot nehmen.



Nachtrag am 2.Juni 2013
Gestern waren wir in Bangkok und trafen am Flughafen unseren Freund Paul Martini aus Hua Hin, der uns aus Deutschalnd ein Paket mitbrachte. Weiter oben habe ich gesagt, dass ich beim Müllsammeln immer professioneller werde. Aber jetzt stimmt das wirklich. Der mitgebrachte Müllgreifer ist hier ein einmaliges Gerät. Er kann absolut alles aufnehmen und es geht ganz schnell und ist vollkommen hygienisch. Zudem bücken sich alte Leute wie ich ungern. Ich bin Paul sehr dankbar. Das war der beste Einkauf seit langer Zeit! Die Bezugsquelle teile ich gerne mit. Aber besser wäre ein Direktimport der Thai-Regierung, ich würde mal sagen, etwa eine halbe Million Stück. Da bekommt man sicher enorme Rabatte.



Da liegt der unterschiedlichste Müll herum...

...der mit dem professionellen (Metallmechanik!) Greifer, den es in unterschiedlichen Längen gibt, schnell und hygienisch aufgenommen werden kann.

Zum Beispiel dicke Flaschen...
...richtig schwere Gegenstände...
...aber auch blitzschnell die tausendfach herum liegenden Kronkorken und Flaschenverschlüsse...
...sowie die ebenfalls tausenfach herum liegenden Plastikhalme...
...und sogar ganz dünne Gegenstände wie Papierstreifen.


Manfred grüßt die Firma "Reinigungsberatung" in D und den Freund Paul in TH dankbar und zufrieden am 2. Juni 2013

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