Freitag, 8. Mai 2015

DW Deutsche Welle - Sensation

Es ist SEHR lange her, dass ich mal richtige Emotionen in einer richtigen Talk Show gesehen habe. Leute, die Gefühle zeigen haben einen genetischen Defekt?  Ich weiss nicht, warum das alles so steif und steril, so gelassen und gesetzt geworden ist. Natürlich werden ausgeflippte oder für die Redaktionen nicht ganz berechenbare Leute erst gar nicht eingeladen. Das war früher wirklich ganz anders. Man hat auch mich eingeladen. Und die Ergebnisse waren auch ganz anders. Wenn ihr diese legendäre Szene mit Fritz Teufel gesehen habt, werden euch die Top-20 angeboten. Nehmt euch Zeit, es loht sich der Rückblick in paradiesische TV-Zeiten, die leider Geschichte sind.
https://www.youtube.com/watch?v=9RSZXoZVSzM

Aber heute sah ich zum ersten Mal in einer Talk Show. was ich mir schon immer gewünscht hatte: Dass sich jemand aus der Runde oder aus dem Publikum so gepackt, so erschüttert oder so begeistert fühlt, um der Frau oder dem Mann, der das Packende, Erschütternde oder Begeisternde gesagt hat, spontan um den Hals zu fallen. Oder zumindest außerplanmäßig aufzustehen und sich herzlich zu bedanken. Unvorstellbar!
Wir sind total kontrolliert, vielleicht lassen wir aus Angst die Gefühle gar nicht an uns ran. Aber ich erinnere mich aus etlichen Talk Shows im Fernsehen, zu denen ich eingeladen war, dass ich mir am Ende diese Frage selbst stellte. Warum hast du das oder dies nicht in der Sendung gemacht? Scheu, Abgelenktsein? Vielleicht war ich auch zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Schließlich wollte ich ja an der richtigen Stelle die richtigen Argumente loswerden. Und da bleibt man eben sitzen, wenn man eigentlich vor Begeisterung aufspringen sollte.

Heute, am 8.Mai 2015 gab es bei der ZDF-Sendung "Markus Lanz" eine Sensation. Es wurde über den 8.Mai 1945 diskutiert. Markus Lanz wolle vor allem ganz persönliche Erinnerungen von seinen Gästen hören.
(Ich kann mich daran erinnern, dass zuerst das Militär einer Siegernation in unser Haus kam, die Eltern im Klo einsperrte, die Wohnung nach Brauchbarem durchsuchte und anschließend Rasierklingen in die Kinderbetten streute. Als meine Eltern frei gelassen wurden und zu uns kamen, steckte eine Klinge tief in meinem linken Unterarm, zwei Millimeter parallel neben der Pulsader.
Dann kam eine andere Siegermacht. Und dann war für mich der Tag der Befreiung verbunden mit vielen Bonbons, die die amerikanischen Panzerbesatzungen wie bei Karneval in großen Mengen herum warfen. Noch nach Tagen holten wir sie aus den Kellerschächten.)

Solche persönlichen Erlebnisse und Einschätzungen thematisierte Markus Lanz sehr geschickt und genau nachfragend mit seinen Gästen. Dazu gehörte auch der Holokaust-Überlebende Zvi Aviram und Martin Schulz, der Präsident des EU-Parlaments. Als Herr Schulz am Ende der Sendung ein Statement abgab, das den Juden Aviram offenbar sehr bewegte, stand er auf, ging zu Martin Schulz und schüttelte ihm dankbar die Hand. Dann umarmten sich beide.

Natürlich bin ich Martin Schulz sehr dankbar, für das, was er gesagt hat. Aber noch viel dankbarer  bin ich Zwi Aviram für seine emotionale Geste, die mich sehr bewegt und begeistert hat.

Vielleicht sollte DW oder irgendein Nutzer das mal bei YouTube einstellen. Es war für das Fernsehen eine Sensation.

Markus Lanz am 8.5.2015 mit Diskutanten


Martin Schulz argumetiert

Zvi Aviram bedankt sich bei Martin Schulz

beide umarmen sich

Zvi Avira lächelt am Ende der Sendung


Manfred Spies, 8.5.2015

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