Familienverhältnisse
Die Gratulationen zu unserem virtuellen Nachwuchs haben uns amüsiert. Und es hat uns erstaunt, was man uns so alles zutraut!
Zuerst präsentiert sich dem erstaunten Publikum ein gar niedliches Kind mit dem Namen Marsha Spies. Wann und wo und mit wem habe ich gezeugt?
Und dann Luck mit dem Baby von drei Wochen im Arm. Allerliebst, was wir da in die Welt setzen? Wahrscheinlich musste ich deshalb so viel im Garten arbeiten, weil eine zarte Luck vor und nach der Niederkunft keine Steine schleppen darf?
Und was sollen die Leute über unsere Familienverhältnisse denken, wenn die Schwester meiner Frau mich als ihren Bruder vorstellt, wenn alle kleinen und großen Kinder der Verwandtschaft mich als ihren Opa bezeichnen, wenn ein Mädchen aus Bangkok auf meiner Facebook-Seite als Marsha Spies auftaucht und immer wieder beteuert, mich zu lieben?
Aufklärung über aktuelle und traditionelle Thai-Verhältnisse scheint nötig:
Luck bewegt sich seit 56 Jahren auf dieser Erde und hat keine Kinder. Auch ich habe die Kids seit meiner eigenen Kindheit immer gern um mich, bzw. sie haben mich gern bei sich. Eigene waren nie dabei.
Vielleicht nehme ich Kinder ernst und gehe auf ihre Bedürfnisse ein (Empathie), was für einen kranken Mann von fast 75 oft anstrengend ist. Aber besser atemlos als lieblos.
Mooy, die ältere Schwester meiner Frau Luck, wurde Witwe. Danach starb ihre einzige Tochter bei der Geburt ihrer Zwillinge. Mooy wollte nicht mehr leben. Alle Geschwister kümmerten sich sofort um sie, zogen auf ihre Strasse oder gaben zeitweise ihren Beruf auf, um auf sie aufzupassen. Das ist Leben in Thailand! Das sind ganz andere Traditionen und Werte, als man sie in den Dreckberichten und dem Foren-Schwachsinn aus Bangkok, Pattaya oder Phuket als „Thai-Normalität“ präsentiert bekommt.
Die Zwillinge wurden bei den Eltern des Vaters untergebracht.Er heiratete wieder und hat jetzt eine neue Familie. Als „Ersatzmutter“ half auch eine Tante, die als Krankenschwester arbeitet.
Die Zwillinge mit den Großeltern und Verwandten |
Die liebevolle, schöne Tante |
Mooy wohn jetzt bei uns und arbeitet immer noch gern als Schneiderin im Shop der anderen Schwester in unserer Nähe. Mehrmals im Jahr fährt sie in ihren alten Wohnort Udon Thani und besucht natürlich die heran wachsenden Enkelkinder Keau und Quan. Diese hatten viel von mir gehört und wollten unbedingt den „Opa“ aus Deutschland kennen lernen. Daraus wurde eine gegenseitige Liebe, die ich nach ihrem ersten Besuch ununterbrochen mitgeteilt bekomme.
Natürlich beantworte ich die Zuwendungen entsprechend |
Was die Tante und die Großeltern im hohen Norden Thailands diesen Kindern vermittelt haben, hat gar nichts mit dem zu tun, was man über die „Normalität“ von Thai-Kindern hört und liest. Aber es zeigt, dass Pflegeeltern AUCH Thai-Kindern, BILDUNG und KRITIKFÄHIGKEIT, EHRLICHKEIT, HILFSBEREITSCHAFT sowie SELBSTÄNDIGKEIT und SPARSAMKEIT als WERTE vermitteln können. Die Zwillinge sind keine Ausnahmekin der, sie haben Ausnahme-Pflegeeltern! Thai-Kinder kommen nicht saublöd, egoistisch und konsumgeil auf die Welt. Das alles lernen sie von den Erwachsenen. Oder sie lernen es eben nicht!
- Bei ihrem Besuch standen die Zwillinge früh auf, um selbst den Tisch decken zu dürfen. Sie machten es perfekt.
- Sie trugen kein einziges Kleidungsstück mit einem Label oder ähnliche Schuhe. Thaitypische Angeberei ist ihnen fremd.
- Sie benutzten ihr Handy selten, lasen viel und interessierten sich nicht für TV-Sendungen. Auch malten sie begeistert in meinem Atelier mit Wasserfarben. Sie lösten Denkaufgaben und -Spiele schneller, als mancher Erwachsene. (Bilder)
- Dafür bekamen sie mehrmals von mir nicht nur Lob, sondern auch ein paar Baht.
- Unser Freund Paul Martini beobachtete voll Erstaunen, dass das Geld in eine Spardose wanderte und nicht sofort ausgegeben wurde.
- Die beiden von uns in die Herzen genommenen Mädchen sahen, wie die Hunde mit ihren auf der Farm verschmutzten Fellen die weißen Hauswände braun färbten. Da packten sie Putzzeug und Bürsten und säuberten alle Wände.(Bilder)
- Sie wollten unbedingt Deutsch lernen. Aber wir unterrichteten sie erst einmal in Englisch und schenken ihnen CD-Player und Englisch-Kurse für Kinder.
- Wir kaufen ihnen Fahrräder, weil sie sich nicht nur im Schwimmbad bewegen wollten.
- Wir machten mit ihnen auch außerhalb des Hauses spannende Sachen, bei denen immer ein Spaß- und Lernanteil dabei war.
- Ja, das ist auch Thailand-Leben! Aber in der „Normalität“ kümmert man sich nicht um die Kinder, Konsum ist wichtiger als Kreativität und die Erziehung überlässt man den Lehrern, die alle selbst noch einmal zur Schule gehen sollten. (s. viele Artikel im Internet)
Kreativität ist füpr die Intelligenz-Entwicklung ganz wichtig |
Die Zwillinge säubern auf eigenen Wunsch die von den Hunden verschmutzten Hauswände |
Und sie putzen auch die Fenster |
Bei allen Essen waren sie immer sehr lebendig dabei |
Fahrräder wurden gekauft, weil die Kinder sich immer bewegen wollten... |
...und sie waren sie einzigen Personen, die die überall aufgestelltzen Sportgeräte benutzten. |
Und bei allem war der Spaß natürlich auch immer dabei... |
...und es wurde gern gelacht. |
Diesen wunderbaren Pflegeeltern kann man nicht genug danken. Und die Kinder haben offensichtlich so viel Zuneigung bekommen, dass sie selbst Lieben gelernt haben. Weil uns die Kinder so sehr lieben, hat sich eine von ihnen (Keau) auf Facebook einfach einen neuen Namen zugelegt: Marsha Spies! Ich war zuerst erstaunt über ein Thai-Kind mit meinem Namen.. Dann sah ich aber die Fotos und identifizierte Marsha. Irritierend ist allerdings, dass sie als Wohnort Bangkok angegeben hat. Das ist falsch. Sie wohnt in Banmuang bei den Großeltern und der Tante. Aber es ist in Thailand NORMAL, mehrmals im Leben den Namen zu wechseln. Ob das ein Gag ist oder der neue Name des „Opas“ bleiben soll, wird die Zeit zeigen.
So weit die Aufklärung über unsere verzwickten Familienverhältnisse, die aber nicht so kompliziert sind wie bei Cissy Kramer .
Manfred 20.12.2015
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen