Als Novize im Wat (Zitate aus clicktai)
„Als mein Großvater starb ging ich als neen (Novize) in ein buddhistisches Kloster wat. In Thailand heißt das buat nahfai . Thai glauben, wenn sie sich an einer Mönch-Robe festhalten können, wenn sie ihren letzten Weg antreten, kommen sie ins Paradies. So wurde ich Mönch, um meinem Großvater zu helfen, ins Paradies zu kommen….“
MS.: Zwei Anmerkungen:
Im Buddhismus gibt es anders als im Christentum und im Islam kein Paradies. Das Nirwana hat mit Paradies-Vorstellung nichts zu tun.
Hindus und Buddhisten nennen es Nirwana. Nach ihrer Vorstellung gibt es in diesem Zustand kein Gut und kein Böse, keine Trauer, keine Wut, kein Leid, aber auch kein Glück und keine Liebe, die das Herz höher hüpfen lässt. Die Seele befindet sich völlig im Gleichgewicht. Sie ist von allen Gedanken und Gefühlen befreit und damit auch von der ewigen Wiedergeburt.
Die Kinder entscheiden nicht selbst, ob sie für kurze Zeit ins Kloster gehen. Wie seit Jahrhunderten gibt es in Familien und in der gesamten Thai-Gesellschaft Hirarchien. Unterordnen ist Tradition.
In dem Artikel beschreibt der Novize seinen einwöchigen Aufenthalt als langweilig und frustrierend, aber als Hilfe für den gestorbenen Großvater.
Er betet in der Pali-Sprache, die er gar nicht versteht. Er meditiert zweimal täglich, was er noch nie vorher machte. Er findet es langweilig und macht lieber an seinem Handy Spiele. Er hat wie jeder Thai dauernd Hunger, darf aber nach 12 Uhr mittags nichts mehr essen. Er darf beim morgendlichen Almosengang keine Schuhe tragen und hat schmerzhafte Blasen an den Füßen.
„Es gab Kabel-Fernsehen und Radio, eine Play-Station, Bücherregale, Kühlschrank, Herd, Kessel und eine Uhr. Mein Bett bestand aus einer dünnen Matratze auf dem Fußboden und einem Kopfkissen. Ich war sehr überrascht darüber, dass die Mönche Spiele auf der Play-Station spielten….“
Das waren seine Erfahrungen, die sich allerdings nicht total verallgemeinern lassen. In anderen Wats mag es anders sein und vor allem, wenn die Novizen in den Ferienmonaten für drei Monate ins Kloster gehen.
„Morgens beim Einsammeln von Speisen hielten wir viele Male an bei den Menschen, die uns Nahrung und zu trinken gaben. Sie warteten bereits außerhalb ihrer Häuser und riefen uns herbei. Wenn sie uns die Nahrung übergaben, durften wir nicht “Danke Ihnen” sagen. Sie tun dieses tam bun nicht für uns, sondern für sich selbst, für ihr eigenes Karma…. Mönche und Novizen genießen höchsten Respekt. Sie dürfen nicht - auch nicht zufällig - von Frauen berührt werden. Speisen werden auf dem Boden abgestellt und von den jüngeren Mönchen / Novizen eingesammelt und verteilt.“
Das geht sogar so weit, dass Mönche im Klose lebende Tiere - wenn es sich um Katzen oder Hündinnen handelt - nicht streichen dürfen. Das ist zwar keine Ordensregel, zeigt aber, wie die Sicht auf alles WEIBLICHE in den Thai-Sitten verwurzelt ist.
Auch was den Dank angeht, so ist dieses Verhalten tief in die Thai-Kultur eingedrungen. Ich habe nie erlebt, das sich Verwandte und Bekannte für ein Buch, eine CD oder ein anderes Geschenk bedankt haben. Wenn der Ausländer die Gründe nicht kennt, ist er enttäuscht und fällt falsche Urteile.
„So waren die meisten Tage. Ich schaute fern, hörte Radio, spielte Video-Spiele und las Cartoons. Manchmal ging ich zu einem nahegelegenen Shop und kaufte weitere Cartoons….“
Was bringt so ein Wat-Aufenthalt? Gelesen wurde nichts. Es gab auch keine interessanten Bücher, Bildbände oder Texte mit den Reden Buddhas in thailändischer Sprache. Da werden Chancen vertan!
Natürlich lernte der Novize bei seiner Ordination zehn Gebote für Novizen, in denen auch die normalen 5 Gebote des Buddhismus enthalten sind. Ältere Mönche sollen 227 Gebote befolgen. Und für die Bhikkhunis, die Nonnen, gelten sogar 311 Regeln. Typisch Thai?
Der hier zitierte Junge war froh, wieder zu Hause ohne Regeln zu sein und futtern zu können, wann er wollte. Es wäre schön gewesen, wenn er etwas mehr über Grundbegriffe der buddhistischen Ethik und über Meditation erfahren hätte.
Bei meinen diversen Totenfeiern beobachtete ich erschüttert einsame Kinder, die man in eine für sie unverständliche Rolle gesteckt hatte und um die sich niemand kümmerte.
Immer und immer wieder frage ich mich als ungläubiger Buddhist der alten Schule, was Buddha heute zu alledem sagen würde.
Manfred Spies
Sonntag, 22.11.2020
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