Begegnungen
Ungewöhnliche Menschen kann man überall treffen, wenn man viel unterwegs ist und offene Arme für andere hat.
Wir wanderten vor Jahren am Strand von Cha Am Richtung Süden. Bald kamen wir vorbei an Wohntürmen direkt am Meer, abgeriegelt mit Schlagbäumen und davor Bewachungspersonal.
Ein Stück weiter saß vor einer großen aber etwas vergammelten Behausung ein alter Mann im Sand und flickte ein Fischernetz.
Ich war fasziniert von seinem Gesicht, das mich an Alexis Sorbas erinnerte. Luck kam mit ihm ins Gespräch. Er stand auf und fing an zu erzählen.
Ja, er ist ein Fischer sein Leben lang. Alles hatte er von seinem Vater gelernt, mit dem er schon als Kind im Boot saß.
Seine Eltern hatten sich vor langer Zeit hier auf Grundstücken ihrer Eltern niedergelassen und das getan, was man hier nur machen kann: Fischen. Sie hatten nach kurzer Zeit sechs Boote und beschäftigten Mitarbeiter. Die Fänge waren ergiebig und man konnte gut davon leben, weil sogar Händler aus Hua Hin kamen und kauften.
Als die Eltern starben kaufte er zu den acht Rai noch weitere sechs. Das war damals billig, denn wer wollte unfruchtbaren Sand haben? Ein Rai (etwa 1600qm) kostete ihn 12.000,- Baht.
Das ist nun lange her. Inzwischen ist Cha Am ein bekannter Badeort in der Nähe von Hua Hin und dem Sommerpalast des früheren Königs Rama VI.. Hotels wurden gebaut und Reiche aus aller Welt suchten nach einem exklusiven Wohnsitz. Da fragte man auch den Fischer. Der war aber nicht blöd und seine beiden Söhne berieten ihn, noch etwas zu warten und sich an den Preisen der Umgebung zu orientieren.
Schließlich verkaufte er einen Teil und bekam 15 Millionen Baht für ein Rai. Seine Söhne studierten auf erstklassigen Universitäten Jura und Medizin und er fischte.
Weitere Landverkäufe folgten und heute liegen die Preise bei zwölf Millionen Baht für 500qm, also etwa 40 Millionen für ein Rai.
Er ist zufrieden mit seinem Leben und froh, dass es seinen Kindern gut geht. Wenn um ihn herum exklusive Condos und Villen entstehen, stört ihn das nicht. Und einen Umzug kann er sich nicht vorstellen. "Ich war zweimal in meinem Leben in Bangkok, da ist nicht meine Welt."
Zum Abschied schenkte er uns zwei wunderschöne Muscheln.
Ein Mensch, den ich nicht vergessen werde.
(© Manfred Spies)
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