Donnerstag, 24. November 2022

Megageil

MEGAGEIL, ABER NICHT FÜR VOLLPFOSTEN! (denn es sind mehrere Absätze)

In den siebziger Jahren fragte ich in einem Plattengeschäft nach Charlie Mingus und seinem Titel „Slop“. Der Verkäufer suchte und gab mir einige LPs. Ich fand, was ich suchte und er nahm interessiert auch einen Kopfhörer. „Mann, echt kaputt!“ war sein Kommentar. Er meinte „wirklich gut!“.


Kaputt steht eigentlich nicht für gut, ausgezeichnet usw.. Aber so ist eben die Jugendsprache. Geil, krass, 7777, cool, sauber, scharf, easy und spitze stehen auch für etwas Anderes. 

Der Bestsellerautor und SPIEGEL-Kolumnist Bastian Sick („Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod“, 1 bis 4) meint: „Jugendsprache ist ein Phänomen, das es schon immer gegeben hat. Die Jugend muss sich sprachlich immer unterscheiden von der Generation der Eltern. Man muss sich abgrenzen, um seinen eigenen Weg zu machen. Um nachher wieder zur Herde zurückzufinden. Insofern ist eigentlich auch schon die Frage geklärt: Was passiert mit Jugendsprache? Man legt sie irgendwann ab, früher oder später legt jeder sie ab und wird erwachsen.“


Ich beobachte aber auf unserer und anderen facebook-Seiten bei Leser:innen in einem Alter zwei Generationen älter als die Jugendlichen, dass sie Texte und Bilder loben mit „Krass! Megageil! Spitzenmäßig! Supercool!“ Will man jugendlich erscheinen? Ist das eine Art Sprach-Lifting? Mit Jugendslang gehen aber keine Falten weg und Arthritis bleibt auch.





Manche gehen noch weiter und begeben sich mit putzigen Bildchen in den Kindergartenbereich. Vieles erinnert an Malübungen von Kleinkindern oder an Poesiealben.










Was für die SprachKULTUR(?) der Z-Generation typisch ist, sind Abkürzungen und Verknappungen. 

AS für „as fuck“, 

GEGE für „good game“= Zufriedenheit,

UUU = unfassbar gut, 

YOLO = you only live once, 

HDGDL = hab dich ganz doll lieb, 

RIP = Beileid, 

HBD = Glückwunsch Geburtstag, 

ABF = Allerbester Freund, 

AL für eine Körperöffnung.

Zahlen stehen für Buchstaben des Alphabets und da für bestimmt Worte.


https://www.srf.ch/sendungen/einstein/einstein/yolo-lol-ka-kleine-sammlung-mit-sms-abkuerzungen

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Abk%C3%BCrzungen_(Netzjargon)


GELACHT habe ich in diesem Zusammenhang über eine Wortschöpfung, die das Gegenteil von Verknappung ist: Für „süss“ sagt man jetzt „glucose-haltig“!


Interessant fand ich auch: 

- tacken = Nachrichten schicken, während man auf dem Klo sitzt (Zusammensetzung aus texten und kacken).

- fernschimmeln = nicht am gewohnten Platz chillen (ausruhen),

- schatzlos = Single, ohne Partner,

Snackosaurus = verfressener Mensch


Aber seien wir ehrlich: Auch Gebildete grenzen ich sprachlich ab. Man macht keinen Plan sondern eine Agenda, man ist nicht einfühlsam sondern empathisch und neuerdings sind nur noch Pilzsuppen vergiftet, aber jeder Diskurs (Gespräch) ist toxisch (vergiftet), Menschen sind "mental kontaminiert" (bekloppt)…. Ja, bei der Beschreibung von Intellektuellen (Gebildeten) ist oft jeder Euphemismus (Schönfärberei) unangebracht.


Ich benutze gern die deutsche Sprache als ERWACHSENER (s.o. Bastian Sick)

Ich verabschiede mich ausnahmsweise von allen ABFs und allen Vollpfosten mit krass-coolem Winkie und megageilen LG.


© Manfred Spies, Januar 2021








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