Montag, 30. September 2013

Thailand Straßen - wie nach einem Bombenangriff?

"Das sieht ja hier aus, wie nach einem Bombenangriff! So eine Scheiße! So etwas von Löchern habe ich ja noch nie gesehen!"

Michael, der in Udon Thani einen Lehrauftrag hat und sowieso gut Kohle mit seinem Design-Büro in Berlin verdient, hat uns am Samstag Abend besucht und sein etwas tief liegendes Benz-Coupe beschädigt: Beim Durchfahren der Pimparam Road im Pakchong/Pimpaka rumste der Wagen mehrmals in sehr tiefe Schlaglöcher, von denen tatsächlich die ganze Straße übersät ist. Der vordere Spoiler und der Rahmen unter der linken Tür sind beschädigt. Seine Wut konnten wir verstehen.
Um die Löcher "auszufüllen" legten die Bewohner Baumaterial hinein. Warum nicht gleich Stacheldraht?
Löcher wie Bordsteine
Bombenangriff oder Thai-Normalität?

Die Straße war nie in einem guten Zustand und wird seit Jahren von Lkw und Pickups sowie den vielen Schulbussen und Privatwagen malträtiert. Mit zunehmender Bautätigkeit wurde es immer schlimmer.
Im Februar 2013 trafen sich Bürger der Siedlung (Ausländer und Thai) und stimmten darüber ab, in welcher Weise eine Totalreparatur aller Straßen der Siedlung durchgeführt werden soll: Beton oder Asphalt/Schotter? Man entschied sich für Beton.

Inzwischen wurden die immer wieder auftretenden und durch Regen vergrößerten Löcher ZWEIMAL von der Behörde notdürftig repariert. Und danach sieht es aus wie nach einem Bombenangriff?
"Es gibt ganz sicher keine einzige Straße in einer Pakchong-Siedlung innerhalb des Stadtgebietes, die so durchlöchert und so gefährlich ist", erklärte Luck unserem Gast. "Aber jetzt ist es am schlimmsten und es wird sich bis nach der Wahl am 6. Oktober nichts ändern."

80% der hier aufgestellten Wahlplakate zeigen die Kandidaten der "Gelben" (1)
Michael bekam einen Wutanfall. "Ich kenne die die Thai-Behörden. Da wird nach der Wahl ein Plan aufgestellt, da werden Anträge auf Staatsknete gestellt und es vergeht ein Jahr! Ihr habt hier zum Teil bordsteintiefe Löcher! Fahr du mal abends als Fremder mit dem Mopet über diese Straße. Da liegst du aber auf der Fresse. Ich möchte den Fall erleben, wenn ein Vater, der sein Kind von der Schule abholt, mit dem Mopet verunglückt und das Kind schwer verletzt ist."
Ich beruhigte ihn: "Ich möchte diesen Fall NICHT erleben, denn ich selbst habe ihn mit dem Fahrrad erlebt. Einem Pickup mußte ich ausweichen und konnte so dem Schlagloch nicht ausweichen. Die Klamotten waren kaputt, Knie und Hand aufgescheuert. Ich habe richtig Glück gahabt."

Michael wollte ein ordentliches Glas Glenmorangie haben und überlegte. 
"Wo ist die Stadtverwaltung?" "Mit dem Auto 5 Minuten."
"Hast du Fotos von den Schlaglöchern gemacht?" "Aktuelle Fotos noch nicht."
"Okay, ich bleibe bis Montag und wir fahren zur Behörde." "Ich komme nicht mit" sagte ich. Ich setzte mich hier weder für Farangs noch für Thai noch einmal ein."
"In Ordnung, ich kenne deine Erfahrungen aus deinen Blog-Beiträgen. Dann kommt Luck mit mir."

Wie immer, wenn es um Kritik oder ein Gesuch bei einer Behörde, einer Institution oder einer irgendwie höher stehend vermuteten Person ging, wehrte sich Luck mit Händen und Worten. "Was wollen wir denn da? Sie haben versprochen, sofort nach der Wahl die Straße zu reparieren. Egal ob Rot oder Gelb. Da können wir vorher gar nichts erreichen."
Michael war ganz sanft: "Aber liebe Luck, du kennst doch die Langsamkeit der Thailänder allgemein und die Lahmarschigkeit der Thai-Behörden im Besonderen. Die Wahlen sind nächsten Sonntag. Glaubst du, dass am Montag darauf die Baumaschinen und Lkw an der Pimparam Road auffahren und die Reparatur der gefährlichen Straße beginnt? Ihr verliert Zeit und der nächste Regen macht die Löcher nicht kleiner! Die Situation ist doch nicht ungefährlich."

Am Sonntag, 29.9. machte ich Fotos von der Straße. Viele Thai-Nachbarn beobachteten wieder den bekloppten Farang. "Nachdem er uns unseren Müll gezeigt hat, dokumentiert er jetzt unsere Scheiss-Straßen?"

Als wir am Montag dann gemeinsam zur Municipality fuhren, hatte sich Michael ein paar große Pflaster auf Gesicht, Arme und Hände geklebt. Er machte mich darauf aufmerksam, dass in der Nähe des Fußballplatzes und vor der Schule und manchen Shops die Löcher an vielen Stellen mit grauen Steinen oder Erde ausgebessert waren. Sollte mein Photo-Shooting aufgeweckt haben? Meine Schwägerin klärte mich später auf: " Ja, wir haben dich gesehen und gedacht, was macht er jetzt mit den Bildern? Ist unser Haus zu sehen? Da haben wir alles mögliche Material gesammelt und ein paar Löcher zu gemacht."

Wir gingen zum Zimmer der Straßenverwaltung, ich hielt mich im Hintergrund. In dem gut ventilierten Raum saßen 12 Damen in hellbraunen Hosenanzügen hinter riesigen Papierstapeln und kleinen Monitoren. Der einzige Mann, offenbar der Chef der Abteilung, trug eine schwarze Hose und ein blaues T-Shirt.
Luck erklärte ein wenig die Situation, legte meine Fotos vor und betonte, dass die Benutzung der Straße zu Fahrzeugbeschädigungen und Verletzungen geführt habe. Die zusammen gelaufenen Damen und der Herr waren leicht bestürzt ob der Dokumente und nahmen wohl an, dass die Zeichen an Michels Körper jene Verletzungen verdeckten und es jetzt zu einem Zornesausbruch und einer Anzeige seinerseits führen würde. Aber Michael lächelte nur.
Der Abteilungsleiter erklärte strahlend, dass es einen Plan gebe und auch das Geld schon da sei. Anfang November soll mit dem Neubau aller Pimpaka-Straßen begonnen werden.

Nun schaltete sich Michael liebenswürdig lächelnd ein. "Es ist wirklich sehr schön, dass Sie einen Plan und Geld haben. In der letzten Woche gab es auf der Straße zwei Unfälle wegen der Löcher. Bis Anfang November sind es noch über 30 Tage. Wenn ein kranker Nachbar Sie bittet, seinen Sohn ersatzweise in die private Schule an der Pimparam Road zu bringen und Sie stürzen mit dem Moped und der Junge und Sie werden verletzt, was empfinden Sie, was machen Sie, was sagen Sie dem Vater?"
Der Mann starrte ihn an, gab Luck ein Formular und sagte zu ihr: "Stellen Sie einen Antrag und lassen sie die Fotos hier. Wir werden sofort etwas unternehmen. Es wird aber nur eine Zwischenlösung sein können."
Die Mitarbeiterin gab Luck einen Zettel mit ihrer Dienstnummer. "Für den Fall, dass es Probleme gibt."


Natürlich sind der Name und die Telefonnummer verändert. Ich will nicht, dass die Dame in der Zukunft belästigt wird,


Nun warten wir mal ab. Aber vorher haben Michael und ich diese wunderbare Flasche Whisky frohen Sinnes relativ leer gemacht. So ein schöner Tag, der mir zeigte, was es für wunderbare Menschen gibt, die nicht nur Mut und Entschlossenheit haben, sondern ihre Fantasie einsetzen, um anderen zu helfen. Michael ist ja morgen wieder in Udon und in einem halben Jahr zurück in Deutschland. Ich werde ihn vermissen. Denn hier....



Manfred am Montag Nachmittag, 30.September 2013
 

1 Kommentar:

  1. Natürlich wurden auf dem Zettel der Behörde Telefonnummer und Name verändert. Wir woll doch nicht, dass diese Leute von irgendwelchen Blödmännern, die es hier häufiger gibt als Moskitos, belästigt werden.

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