Dafür, dass ich zeitlebens meine Freiheit - auch die Freiheit zu reden, zu schreiben, Bilder zu machen und zu veröffentlichen - für das Wichtigste und Grundlegenste für alles andere hielt, gibt es sehr viele Gründe. die eigentlich alle kennen könnten weil sie auch alle anderen betreffen. Insofern halte ich mein Engagement für nichts Besonderes. Dass es ungewöhnlich ist, liegt nicht an mir, sondern an der Gesellschaft.
Einer erneuten Mail zu diesem Thema habe ich geantwortet in einer durchaus allgemeinen Weise, so dass ich das mal veröffentlichen kann. Damit sind hoffentlich auch einige meiner Kritiker aufgeklärt.
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Lieber Michael,
vielen Dank für dein heftiges Schulterklopfen, das mich ja fast bescheiden in die Knie gehen ließ, denn so etwas bin ich hier nicht gewohnt. Jeder ist sich selbst der Nächste und entfernt sich dabei nicht nur von den anderen Menschen, sondern auch von sich selbst.
Wie du vielleicht in meinem letzten Blog-Info sehen konntest, gibt es nicht nur sehr viel zu tun, sondern auch reichlichen Flüssigkeitsverlust. Die Temperaturen sind zur Zeit nicht angenehm.
Daher kann ich nur kurz auf deine Mail antworten:
- Ob ich nicht nur seit 73 Jahren sondern bereits in den ersten neun Monaten nach meiner Zeugung "Kampfesbereitschaft" zeigte, könne nur meine Mutter beurteilen :-). Die kann ich nun leider nicht mehr fragen. Ich gehe eher davon aus, das mich Umstände meiner Sozialisation zu dem gemacht haben, was ich heute bin. Denn weder meine Eltern, noch mein zwei Jahre älterer Bruder noch irgend jemand in meiner Verwandtschaft haben je so wie ich die ausgetretenen Pfade der ganz normalen Lebenswege verlassen.
- Ich hoffe, dass wir uns in Thailand nicht nur "mal über den Weg laufen", denn das käme ja einem Lottogewinn gleich. Wenn wir nicht zu weit entfernt wohnen (ab wann kommt ihr? wo wohnt ihr?), wären geplante Besuche sicher angenehm.
- Was meine "Aufmüpfigkeit" angeht, so halte ich diese nicht für für eine besonders lobenswerte Eigenschaft. Erstens bin ich nicht a priori aufmüpfig, sondern die Umstände provozieren meinen Widerstand. Ich bin also kein aggressiver Mensch, sondern die Wirklichkeit ist so enorm scheisse! Ich bin nicht in der DDR groß geworden und auch nicht im Dritten Reich. Also hatte ich immer die Chance zur Meinungsfreiheit und zum Einmischen. Das hielt ich nicht nur angesichts der deutschen Geschichte für eine CHANCE, sondern für eine VERPFLICHTUNG. Dass ich das so sehe, ist sicher heutzutage ungewöhnlich. Leider.
Der Weg ist nicht bequem, manchmal sogar anstrengend, weil man sich wieder und wieder gegen Politiker, Gewerkschaftsführer, Kirchenvertreter, Sportfunktionäre oder den Otto Normalo gerichtlich zur Wehr setzen muss. Du kannst bei WIKI lesen, wie oft ich Recht bekam: Immer!
Wenn man dann in einer immer angepasster und reaktionärer werdenden Gesellschaft intellektuell immer einsamer wird, denkt man hin und wieder ans Abhauen (s. Beitrag "Kopftuch" von 7/2006 auf meiner kleinen Homepage Manfred Spies, der enorm umfangreich recherchiert war und zu dem Schlusssatz führte:
"Es gab mal das Wort von dem Deutschland der Dichter und Denker. Im Land der Deppen und Dödeln will ich meinen Goethe, Schiller, Lessing, Tucholsky, Böll und all die anderen nicht lesen, meinen Bach, Händel, Beethoven, Henze, Brahms usw. nicht hören. Ich will lieber weit weg sein und auswandern. Nicht heute, eher übermorgen...")
Nun bin ich also hier und kam vom Nieselregen in die sturmflutartige Monsuntraufe. Gegen unsere vereinzelten politischen Schwachköpfe ist der hier fast kollektiv anzutreffende politische Hirntod wie ein Schüsselchen Papayasalat gegen ein 20 Meter langes Thai-Fressbuffet, wenn man es mal positivistisch aus Thai-Blickwinkel betrachtet. In diesem geistigen Klima gedeihen dann solche Vorstellungen (Suthep und Konsorten), dass man die Ausländer nicht braucht, dass die Meinungen von Ausländern total unwichtig sind, dass man fünf Jahre abgeschottet vom Ausland existieren kann, dass eine neue, nicht gewählte sondern von "guten Leuten" ernannte Regierung nicht den Segen des Auslandes braucht.(*)...Und weiter hört man, dass die geschasste Regierungschefin Yingluck nun in den Norden Thailands "geflüchtet" sei, und es dort natürlich deshalb sofort ein Erdbeben gab.
Was soll man dazu sagen? Da braucht man kein deutsches Kabarett oder Comedy-Shows bei der Deutschen Welle im TV, da hat man jeden Tag viele Gründe, sich halbtot zu lachen.
Öffentlicher Auftritt des ehemaligen Regioerungschefs und Führers der jetzt oppositionellen "Demoratischen Partei", Abhisit, mit Kondomhut. In Thailand gibt es übrigens keinen Karneval! |
Symbolträchtige Thai-Flagge |
Also, bei dieser Realität muss man doch mit Blindheit oder Doofheit geschlagen sein, wenn man gar nichts wahr nimmt. Und wenn man zu allem den Mund hält und nur mit dem Kopf schüttelt, wird einem auch schnell schwindelig.
Grüße von Manfred Spies
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